Blog 0003 - Kirche und Völkerrecht - RA Dr. Roman Schiessler

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Blog 0003 - Kirche und Völkerrecht

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Kirche und Völkerrecht

Wie in letzter Zeit immer wieder in den Medien und allgemein in der Öffentlichkeit diskutiert, sehen wir uns einem enormen Mißbrauchsskandal gegenüber, welche nunmehr durch die Verurteilung eines australischen Kardinals – George Pell - wiederum eine Höhepunkt erfährt.

Es erhebt sich die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen.

Diese sind auf mehreren Ebenen, in mehreren Bereichen denkbar. Auf der Hand liegend kommen in Betracht der Bereich des Strafrechts und vor allem des Zivilrechts.
 
Völlig vergessen wird dabei aber das Völkerrecht, der eigentliche Ursprung aller kirchlichen Privilegien; jedenfalls der meisten.
 
Die Auswirkungen solcher Vorrechte bzw. Sonderstellungen, welcher der Kirche eigeräumt werden, werden in der Regel nicht beachtet, insbesondere deshalb nicht, da aufgrund der langen Zeit, durch welche sie gewährt wurden, diese bereits als Selbstverständlichkeit hingenommen und somit auch nicht hinterfragt werden.
 
Allein an einem Beispiel aus dem Konkordat (StF: BGBl. II Nr. 2/1934), kann klar und deutlich festgemacht werden, welche negativen Auswirkungen solche Vorrechte beispielsweise auf die Ermittlungstätigkeit der staatlichen Behörden haben können.
 
Konkret ist folgende Bestimmung zu nennen:
 
Artikel XX. Im Falle der strafgerichtlichen Belangung eines Geistlichen oder einer Ordensperson hat das staatliche Gericht sofort den für den Belangten zuständigen Diözesanordinarius zu verständigen und demselben raschestens die Ergebnisse der Voruntersuchung und gegebenenfalls das Endurteil des Gerichtes sowohl in der ersten als in der Berufungsinstanz zu übermitteln.
 
Im Falle der Verhaftung und Anhaltung in Haft soll der Geistliche (Ordensperson) mit der seinem Stande und seinem hierarchischen Grade gebührenden Rücksicht behandelt werden.
 
Im Falle der rechtskräftigen unbedingten Verurteilung eines Geistlichen wegen eines Verbrechens wird die Bundesregierung unbeschadet sonstiger aus den strafgesetzlichen Vorschriften sich ergebender Rechtsfolgen, falls der Diözesanordinarius den Geistlichen nicht ohnehin von seinem Amte entfernt, die Einstellung der ihm etwa zukommenden Dotation (Kongruaergänzung) verfügen.
 
Es ist völlig unnachvollziehbar, warum bei einem strafrechtlichen Vorgehen gegenüber einem Geistlichen der Bischof zu verständigen ist. Wie hier eine entsprechende Ermittlungstätigkeit, ein verdecktes Ermitteln möglich sein soll, ist völlig unverständlich und im Endeffekt auch nicht möglich. Wie soll eine Strafrechtpflege gegenüber Geistlichen hier überhaupt funktionieren.
 
Aufgrund solcher Bestimmungen braucht sich in Wahrheit niemand zu wundern, daß eine solche, nämlich eine Strafrechtspflege, in diesem Bereich nicht funktioniert und völlig ineffektiv ist. Es ist daher auch nicht verwunderlich, warum es kaum Verurteilungen gibt.
 
Anstatt festzulegen, daß die Spitzen der Kirche zur Anzeige von Straftaten von Geistlichen verpflichtet sind, normiert man eine Art Warnpflicht gegenüber der Kirche, welche zur Aufklärung der Taten in keiner Weise beträgt. Diese Tatsache wird durch die Vergangenheit eindrucksvoll bestätigt.
 
Allein dieses Beispiel zeigt, daß die gesamten Beziehungen zwischen dem Staat und dem Heiligen Stuhl neu zu definieren sind und aus denen in der Folge dann hervorzugehen hat, daß Geistliche gegenüber dem staatlichen Recht keine Sonderstellung besitzen, sondern rechtsunterworfen sind, wie jeder andere Staatsbürger auch.
 
Diese mangelnde Rechtsunterworfenheit ist es auch, welche offenbar generell dazu führt, sich um Belange anderer nicht zu kümmern und hier so vorzugehen, wie man eben vorgegangen ist, nämlich in dem Bewußtsein, ein außerhalb der Rechtsordnung stehender Teil der Gesellschaft zu sein.
 
Wohin das geführt hat, wird uns jetzt eindrucksvoll vor Augen geführt und sollte zur Folge haben, daß alle völkerrechtlichen Bestimmungen mit dem Heiligen Stuhl auf den Prüfstand gelangen.
 
Wien, am 27.02.2019
RA Dr. Roman Schiessler
 
 
 
 
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