Blog 0037 - Peter Seisenbacher und die Justiz - RA Dr. Roman Schiessler

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Blog 0037 - Peter Seisenbacher und die Justiz

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Peter Seisenbacher und die Justiz

Nunmehr wurde Peter Seisenbacher doch noch festgenommen und in die Justizvollzugsanstalt Wien Josefstadt eingeliefert und über ihn die Untersuchungshaft verhängt. Dies wird dieser Tage in den Medien berichtet.
 
Peter Seisenbacher wird beschuldigt minderjährige Mädchen mißbraucht bzw. belästigt oder bedrängt zu haben. Wie immer die Vorwürfe auch aussehen mögen, es kommt jetzt zu einem Strafverfahren und werden die Vorwürfe einer gerichtlichen Klärung zugeführt. Das Strafverfahren mag ausgehen wie auch immer, es ist aber von Bedeutung hier darzustellen, wie die Justiz in diesem Fall vorgegangen ist und weiter vorgeht, dies im Vergleich zu klerikalen Mißbrauchsfällen.
 
Die Vorfälle reichen weit zurück und datieren zwischen 1997 und 2004. Diese sollen sich in einem Wiener Judo-Verein ereignet haben, in welchem Peter Seisenbacher offensichtlich Trainer war.
 
Wichtig dabei ist zu erwähnen, daß er bereits im Sommer 2017 in der Ukraine, in Kiew von den dortigen Behörden festgenommen wurde. Eine Auslieferung aus Verjährungsgründen erfolgte jedoch nicht.
 
Der Fahndungs- und Ermittlungsdruck wurde jedoch aufrecht erhalten und wurden unter anderem 2 Pässe von Peter Seisenbacher für ungültig erklärt. Die Ukraine wurde somit für ihn zu einem großen Gefängnis.
 
Dies führte nun doch dazu, daß er an der ukrainisch-polnischen Grenze beim Versuch diese Grenze illegal zu überqueren, festgenommen wurde.
 
Es ist doch bemerkenswert zu erfahren, welche Auswirkungen ein Fahndungs- und Ermittlungsdruck haben kann. Ein präsumtiver Sexualkrimineller kann nun doch einem Strafverfahren zugeführt und die Sache gerichtlich geklärt werden.
 
Man sieht deutliche den Unterschied zu den klerikalen Sexualverbrechen. Es ist kein Fall bekannt, in welchem ein derartiger Fahndungs- und Ermittlungsdruck auf einen verdächtigen Kleriker auch nur annähernd ausgeübt wurde.
 
In diesen Fällen geschah offensichtlich das genaue Gegenteil, eine Tatsche, welche anschaulich durch die nunmehr über 2100 „positiven Entscheidungen“ der Klasnic-Kommission eindrucksvoll bestätigt wird.
 
Konkret ist in keinem Fall davon auszugehen, daß Kleriker, welche von der katholischen Kirche versetzt wurden, länderübergreifend sich mit einer derart konsequent agierenden Justiz konfrontiert sahen. Üblicher Weise wurden überhaupt keine Verfolgungsmaßnahmen oder Ermittlungsschritte gesetzt, sonst wäre es nicht zu einer derart großen Anzahl von „positiven Entscheidungen“ der Klasnic-Kommission gekommen.
 
In der ZDF Info – Dokumentation „Das Schweigen der Hirten – Mißbrauch in der Kirche“ von 2017/2018 wird die Versetzungspraxis der katholischen Kirche klar aufgezeigt. Der neue Zielkontinent ist Afrika, aber auch Südamerika ist sehr beliebt. Man wittert dort ein weites, ungestörtes Bestätigungsfeld für pädophile Priester nicht zuletzt deshalb, da auf diesem Kontinent die Bevölkerung alle 10 Tage um rund eine Million Menschen wächst.
 
Ganz allgemein wird in dieser Dokumentation dieses Vorgehen als geographische Lösung dieses kirchlichen Problems bezeichnet. Sobald ein Bischof bemerkt, daß daß einer seiner Priester kriminell wird, wird dieser versetzt und in ein anders Land oder sogar auf einen anderen Kontinent verschickt.
 
Die Zahl der Opfer soll gemäß dieser Dokumentation eines öffentlich-rechtlichen Senders in die 10.000de gehen. Klares Ziel ist es, die Strafverfolgung zu vereiteln. Das Pech von Peter Seisenbacher scheint es in erster Linie einmal zu sein, daß er kein Kleriker ist, da Verfolgungshandlungen der Strafverfolgungsbehörden nach Afrika bislang nicht bekannt geworden sind.
 
Allein diese Dimension macht es unmöglich zu glauben, daß irgendein höherer Kleriker nichts von diesem Treiben weiß. Es ist davon auszugehen, daß alle Kardinäle, alle Bischöfe und auch der Papst selbst von diesen Vorgängen Kenntnis haben. Etwas anders ist kaum vorstellbar.
 
Allein die Zahl an verdächtigen Priestern ist schlicht beeindruckend. Eine Liste einer amerikanischen Selbsthilfeorganisation nennt 4400 Namen von Priestern weltweit, welche sich an Minderjährigen vergangen haben sollen.
 
Konkret wird in dieser Dokumentation ein kanadischer Priester aus Vancouver erwähnt, welche sich ganz offiziell nunmehr in Frankreich, in Straßburg aufhält und gegenüber dem die kanadische Justiz einen Haftbefehl erlassen hat, welcher aber nicht vollzogen wird, dies seit 20 Jahren. Es findet somit offenbar auch keine Rechtshilfe zwischen den Staaten statt, da es bislang zu keiner Auslieferung gekommen ist. Eines der Opfer dieses Priesters beging überdies Selbstmord. Konsequenzen hatte dies natürliche auch keine.
 
Auch wird in dieser Dokumentation der Johannesorden genannt, welcher vor allem in Afrika, in Kamerun tätig ist und dieser Orden es offenbar meisterhaft versteht, seine Sexualstraftäter zu verstecken. Ein dortiger Bischof wird ausdrücklich genannt, welcher zwar das Problem erkennt, aber trotzdem alles tut, um Gerichtsverfahren gegenüber Mitbrüdern zu verhindern. Auch wird dargestellt, daß es auch für die Reporter äußerst schwierig ist, in der Bevölkerung Aussagen zu diesem Thema zu erlangen. Schlußendlich konnte aber eines der Opfer gefunden werden und dieses machte eindeutige Aussagen.
 
Eine Initiative der Eltern, welche dann in Folge der Recherchetätigkeit der Journalisten vom Schicksal ihres eigenen Sohnes erst erfahren haben, den klerikalen Täter anzuzeigen, scheiterte. Die Justiz in Kamerun unternahm nichts. Die Kirche ist in Kamerun unantastbar, aber offenbar nicht nur dort. Es gab keine Anklage, nicht einmal Ermittlungen. Auch dies kommt einem bekannt vor.
 
Der Priester selbst wurde dann versetzt und konnte in Italien gefunden werden.
 
Insgesamt wird dann in der Reportage der Wanderzirkus von Sexualverbrechern in der katholischen Kirche beschrieben; dies anhand einer Vielzahl von Fällen. Man beschreibt ferner eindrucksvoll einen Verdunklungstourismus über dem gesamten Globus, einen Fall für eine Untersuchungshaft nach dem anderen.
 
Auch wird dargestellt, daß sich die Vertuschungspraxis bis in die höchsten Kreise, bis in den Kardinalsrat des Vatikans erstreckt, somit alle von den Vorkommnissen wissen, sicherlich auch der Papst. Der Kardinalsrat ist das höchste Beratergremium des Papstes. Obwohl all dies bekannt ist, beläßt der jetzige Papst dieses Beratergremium in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung. Ein Tatsche, welche tief blicken läßt, denn auch in der Diözese des jetzigen Papstes in Argentinien, Buenos Aires, gab es Mißbrauchsfälle, welche dem jetzigen Papst bekannt waren und es kam zu keinen Gerichtsverfahren. Es gab nicht einmal Ermittlungen. (vgl. Der Papst und Kirche als Speerspitze gegen die Kinderprostitution)
 
Hinzu kommt, daß der jetzige Papst noch als Kardinal in Argentinien in einem Gerichtsverfahren (Fall Grassi), welches für einen Priester zu einer Verurteilung führte, in diesem aktiv eingriff und für den verurteilten Priester Partei nahm und alles tat, um eine Verurteilung zu vermeiden.
 
Insgesamt handelt es sich bei dieser Dokumentation des ZDF um eine beklemmende Aufzeichnung von den Zuständen in der katholischen Kirche. Es zeigt ganz klar, daß die katholische Kirche auf die Justiz weltweit und auf den jeweiligen Staat massiv Einfluß nimmt um Strafverfahren gegen Kleriker zu verhindern.
 
Anders sind die über 2100 positiven Entscheidungen der Klasnic-Kommission nicht erklärbar, welche nachweislich zu keinen Gerichtsverfahren in Österreich geführt haben.
 
Bei Peter Seisenbacher ist dies aber anders. Da er kein Priester, sondern „nur“ ein Judoka ist, wird er sich einem Gerichtsverfahren stellen müssen. Insgesamt kann man daher nur jedem Sexualstraftäter empfehlen Priester zu werden. Die Chancen für die Taten dann als Geistlicher zur Verantwortung gezogen zu werden gehen in Richtung NULL, denn daß die Justiz, gleich in welchem Land, ungeachtet der Person vorgeht, kann nicht ernsthaft behauptet werden.
 
Wien, am 18.09.2019
RA Dr. Roman Schiessler
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