Blog 0019 - Notwendige Verfassungsänderungen - RA Dr. Roman Schiessler

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Blog 0019 - Notwendige Verfassungsänderungen

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Notwendige Verfassungsänderungen

Dieser Tage erleben wir eine massive Krise unserer Gesellschaft. Das gesellschaftliche Leben ist extrem beeinträchtigt und die Wirtschaft wird durch die sogenannten Corona Maßnahmen ebenfalls immens geschädigt.

Wir erleben ferner auch eine völlige Ohnmacht des Rechtsstaates, welche insbesondere dadurch zum Ausdruck kommt, daß der Verfassungsgerichtshof eine Reihe von Bestimmungen in diversen Lockerungs-Schutzmaßnahmen- und Notmaßnahmenverordnungen aufhebt bzw. nachträglich für gesetz- und verfassungswidrig erklärt und diese Entscheidungen dieses Höchstgerichts ohne Auswirkungen bleiben. (vgl. Der Verfassungsgerichtshof wird ignoriert)

Ungeachtet dessen rollt eine Verordnungswalze aber weiter über unser Land und die Gesellschaft, welche so noch nicht dagewesen ist und dies auf allen Verwaltungsebenen.
Derzeit ist es so, daß der Verfassungsgerichtshof insgesamt schon 22 Entscheidungen dieser Art getroffen und keine im politischen Leben eine entsprechende Beachtung gefunden hat.
Dieser Zustand ist bedingt durch eine extrem ausgebaute Machtstellung der Verwaltung (Exekutive) in unserem Gemeinwesen, welcher die anderen Staatsgewalten kaum etwas entgegen zu setzen haben. Die Judikative und vor allem die Legislative sehen praktisch tatenlos zu, wie das Prinzip der Gewaltenteilung ausgehebelt wird und zunehmend erodiert.
 
Es ist dies grundsätzlich nichts Neues, da auch in der Vergangenheit vor allem die Legislative, das Parlament, eigentlich immer nur ein Erfüllungsgehilfe der Regierung war und man schon immer deutlich sehen konnte, wer das politische Sagen hatte.
 
Im Bereich der Gesetzgebung ist es so, daß praktisch alle Gesetzgebungsverfahren auf eine Initiative der Bundesregierung zustande kommen. Es handelt sich durchwegs um sogenannte Regierungsvorlagen, welche die Grundlage für einen Gesetzesbeschluß bilden. Somit werden die Inhalte von Gesetzen in der Regel immer von der Regierung, somit von der Exekutive, bestimmt. Der Einfluß der Legislative selbst ist da sehr überschaubar.
 
So ist es ziemlich leicht nachvollziehbar, warum es zu einem Covid-19 Maßnahmengesetz kommen konnte und sich die Legislative in der Folge auch formell selbst entmachtete und seitdem praktisch nichts mehr im Rahmen der sogenannten Corona-Krise zu bestimmen hat.
 
Somit hat sich auch formal das verfassungsrechtliche Grundprinzip in der Verfassung (vgl. Art. 44 Abs. 3 B-VG), die Gewaltenteilung in der Praxis erledigt.
 
Selbst der jetzige Bundeskanzler, der Name bleibt hier unerwähnt, versteigt sich zu Aussagen, dahingehend - frei zitiert - daß man es mit der Verfassung dieser Tage nicht so genau nehmen soll. Man erinnert sich noch genau an den „Punkt und Beistrich“ - Sager dieses Politikers. (vgl. Auf Punkt und Beistrich)
 
Bei diesen Betrachtungen und bei dieser Bestandsaufnahme der gesellschaftlichen und rechtlichen Situation, ist es nun geboten, sich Gedanken darüber zu machen, welcher verfassungsrechtlichen Änderungen bzw. Anpassungen es bedarf, um hintanzuhalten, daß sich ein solches Ereignis wiederholt.
 
Derzeit sind jedenfalls drei Defizite mit Sicherheit festzustellen, welche es zu beseitigen gilt.
 
1) Verfassungsgerichtshof
 
Der Verfassungsgerichtshof ist natürlich nicht zu beseitigen, es bedarf vielmehr einer massiven Stärkung seiner Position, als Hüter der Verfassung und insbesondere der Grundrechte.
 
Die Struktur des VfGH ist schwerfällig. Er ist somit kein effektiver Rechtsschutz bei der derzeit gegebenen Verordnungswalze, welche dieser Tage über den Staat rollt. Kommt der VfGH im Rahmen einer Verordnungsprüfung zu der Erkenntnis, daß diese oder jene Verordnung gesetz- oder verfassungswidrig war bzw. Teile davon, dann ist diese in der Regel schon längst außer Kraft getreten und durch eine neue, praktisch gleichen Inhalts ersetzt. Für Ersatz ist somit immer gesorgt.
 
Daß solche Erkenntnisse kaum reale Auswirkungen haben und vor allem den Bürgern plausibel kaum erklärt werden können, liegt auf der Hand. Hinzu kommt, daß die Exekutive, die Regierung, sich nicht an die Erkenntnisse des Höchstgerichts hält und die Tatsache, daß VfGH-Entscheidungen im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden, völlig ignoriert. (vgl. Der Verfassungsgerichtshof wird ignoriert)
 
Der VfGH entscheidet in vier sogenannte Sessionen zu den jeweiligen Jahreszeiten. Dies dauern in der Regel drei Wochen. Er entscheidet grundsätzlich im Plenum, somit in Anwesenheit aller Richter. Die belangten Rechtsträger erhalten für ihre Stellungnahmen wochenlange Fristen und daher sind schnelle Entscheidung kaum denkbar, nicht möglich und finden somit auch nicht statt.
 
Zu fordern ist daher eine Senatsstruktur, ähnlich der des deutschen Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe und auch Eilentscheidungen.
 
Das wichtigste wäre aber, bei Verordnungen dieser Art, mit denen wir jetzt konfrontiert sind, eine Vorabprüfung durchzuführen. In diesem Fall können die Verordnungen erst dann erlassen und in der Folge kundgemacht werden, wenn sie vorher durch den Verfassungsgerichtshof einer Prüfung unterzogen worden sind. Die Exekutive, somit die Regierung wäre dann verpflichtet, einen Antrag beim Höchstgericht auf Erlassungen einer solchen Verordnung zu stellen.
 
Daß dies nicht für jede Verordnung gilt, sondern nur für solche, welche eine bestimmte Grundrechtsrelevanz besitzen, ist klar. Dies müßte in der Verfassung und im Verfassungsgerichtshofgesetz in der Folge näher definiert werden.
 
Eine Bescheidbeschwerde oder ein Individualantrag einzelner Bürger in Bezug auf bestimmte Sachverhalte, wäre dadurch nicht ausgeschlossen.
 
Ausgeschlossen wäre aber ein Chaos, eine Katastrophe, wie wir sie derzeit erleben. Es wäre ferner ausgeschlossen, daß Minister in den derzeit anhängigen Verfahren leere Verordnungsakten dem Höchstgericht präsentieren oder sich gar nicht an dem Verfahren beteiligen und so den VfGH gleich von Anfang an ignorieren.
 
Die Regierung, die einzelnen Bundesministerien, wären auf dies Art und Weise angehalten, sachlich korrekt und wissenschaftlich fundiert zu arbeiten und einen Verordnungsakt zu erstellen, welcher die jeweilige Verordnung in der Folge auch trägt. Ein Vorgehen, wie jenes, welches wir derzeit erleben, wäre unmöglich, da eine Verordnungswalze, so nicht zustande kommen könnte.
 
Daß dies natürlich eine nachhaltige Einschränkung der Macht der Exekutive bedeuten würde, ist klar. Ob sich dann in der Folge im Parlament dafür eine Mehrheit finden wird, bleibt abzuwarten. Die Notwendigkeit einer solchen Reform kann, ausgehend von den Erfahrungen der letzen Monate, aber kaum bestritten werden.
 
Deshalb ist es auch erforderlich die Bevölkerung selbst von der Notwenigkeit solcher Reformen zu überzeugen, da meines Erachtens nur der Druck der Straße solche Regelungen ermöglichen wird.
 
2) plebiszitäres Mißtrauensvotum
 
Ganz allgemein ist festzuhalten, daß direkt-demokratische Instrumente in unserer Verfassung kaum entwickelt sind und wenn sie vorhanden sind, besteht kaum eine Effektivität.
 
Das klassische direkt-demokratische Instrument in unserer Verfassung ist das Volksbegehren. Wie aber die Geschichte zeigt, haben aber solche Initiativen noch nie zu einem Gesetz geführt. Man kann somit ausgehend von der Effektivität dieses direkt-demokratischen Instruments durchaus von einem toten Recht sprechen.
 
Dies liegt aber auch daran, daß ein Volksbegehren sich an die Legislative richtet, welche, wie oben bereits dargestellt, kaum über eine effektive Machtposition im staatlichen Gefüge verfügt.
 
Erforderlich ist es also, die direkte Demokratie dort einzusetzen, wo die Macht des Staates liegt und diese liegt, wie oben ebenfalls bereits dargestellt, bei der Exekutive.
 
Die Exekutive unterliegt formal der Kontrolle des Parlaments und die stärkste Waffe desselben gegen die Exekutive - so wird behauptet - ist das sogenannte Mißtrauensvotum. (Art. 74 Abs. 1 B-VG)
 
Tatsächlich spielen sich Abstimmungen im Parlament bei Mißtrauensvoten aber immer so ab, daß das jeweilige betroffene Regierungsmitglied von der Regierungsmehrheit im Parlament gestützt wird und so praktisch jedes Mißtrauensvotum zum Scheitern verurteilt ist. Eine effektive Kontrolle der Exekutive sieht anders aus und ist in Wahrheit das Mißtrauensvotum, so wie es hier gelebt wird und abläuft, nur ein weiteres Zeichen für die Schwäche der Legislative gegenüber der Exekutive. Es ist mehr Ausdruck von Ohnmacht als von Macht und Kontrolle.
 
Weiters muß davon ausgegangen werden, daß das Parlament als Institution selbst und auch von seiner Zusammensetzung her, nicht in der Lage ist, dieses Machtgefälle aus eigener Initiative auszugleichen.
 
Es muß somit ein plebiszitärer Ansatz gefunden werden, somit ein Instrument wie das Volksbegehren in Bezug auf die Legislative, nur mit dem Unterschied, daß sich dieses direkt-demokratische Instrument dann auf die Exekutive, also auf die Regierung und deren Mitglieder bezieht.
 
In diesem Fall geht somit die Initiative für den Mißtrauensantrag gegenüber einem Regierungsmitglied oder der gesamten Regierung nicht von den Abgeordneten im Parlament aus, sondern von der Bevölkerung selbst, also dem Souverän.
 
Beispielweise wären dann 10% der Wahlberechtigten - somit rd. 600.000 Wähler - in der Lage so ein Mißtrauensvotum plebiszitär zu erwirken und einen Abstimmungsvorgang über dieses, von dem Wähler direkt ausgesprochene Mißtrauen in Gang zu setzen.
 
Dieser Vorgang würde den Mißtrauensantrag im Parlament, in der Regel durch die Opposition, ersetzen und nun müßte über diesen, von der Bevölkerung getragenen Antrag, im Parlament abgestimmt werden.
 
Im Falle eines plebiszitären Mißtrauensvotums wäre aber nicht die einfache Mehrheit ausreichend um das einzelne Regierungsmitglied oder die Regierung im Amt zu halten, sondern eine 2/3 Mehrheit. Dies bedeutet, daß die bloße Regierungsmehrheit im Nationalrat nicht ausreichen würde, diesen jeweiligen Minister zu halten, da auch die Opposition, jedenfalls teilweise, zustimmen müßte.
 
Durch diese Art des Mißtrauensvotums wäre ein gewisser Einfluß des Souveräns auf die Regierungsbildung möglich, da Regierungsmitglieder immer nur vom Bundespräsidenten ernannt werden (Art. 70 Abs. 1 B-VG) und somit nur eine - wohlwollend formuliert - indirekte demokratische Legitimation besitzen.
 
Es hätte die Praxis ein Ende, daß nach einer Wahl zum Nationalrat, ohne daß der Wähler darauf einen Einfluß hat, Regierungsmitglieder durch den Bundespräsidenten ernannt werden, welche vor der Wahl keiner kannte, deren politische Einstellung nicht bekannt ist und auf die der Souverän für die Dauer einer Legislaturperiode - Dauer 5 Jahre - ohne Einfluß bleibt.
 
Es kann davon ausgegangen werden, daß Regierungsmitglieder, welche unter einer direkt-demokratischen Verantwortung und Kontrolle stehen, angehalten werden, ihre exekutive Macht mehr am Willen der Bevölkerung zu orientieren und weniger an anderen Interessen.
 
3) Stellung des Bundespräsidenten
 
Derzeit ist es so, daß die Stellung des Bundespräsidenten aufgrund der gegebenen verfassungsrechtlichen Bestimmungen - Art. 60 ff B-VG - sich eher auf repräsentative Funktionen beschränkt. Er besitzt im Rahmen der Bildung der Bundesregierung gewisse organisatorische Kompetenzen und Einflußmöglichkeiten, aber sonst sind seine Aufgaben kaum von politischer Relevanz.
 
Völlig unerklärlich ist es daher, daß das einzige direkt gewählte Organ der Vollziehung, dies im Gegensatz zur Bundesregierung, welche er ernennt, keine parlamentarischen Möglichkeiten besitzt, irgendwie im Nationalrat selbst aktiv zu werden. Der Bundespräsident besitzt einerseits keinerlei Antragsrechte im Parlament, ernennt aber andererseits aber jene Personen, von welchen, wie bereits dargestellt, praktisch die gesamte Macht im Staat ausgeht. Ein ausgewogenes Machtgefüge in einem Gemeinwesen ist so nicht vorstellbar.
 
Es ist an der Zeit, dem Bundespräsidenten, die gleichen Antragsrechte im Parlament, im Nationalrat einzuräumen, die auch die Regierung selbst besitzt, welche er auch ernennt.
 
Dadurch hat er die Möglichkeit, als direkt gewähltes Vollzugsorgan konkreten Einfluß auf die parlamentarische Arbeit zu nehmen und so auf den Gang der Gesetzwerdung im Einzelfall, wenn es beispielweise um verfassungsrechtliche bzw. grundrechtliche Fragen geht, einzuwirken.
 
Es mutet schon etwas eigenartig an, daß auf der einen Seite der Bundespräsident selbst kaum über politische Instrumente verfügt, während auf der anderen Seite von der Regierung, welche er ernennt, alle Macht im Staat ausgeht.
 
Im Endeffekt hat der Bundespräsident in dem Fall, wie wir ihn derzeit erleben, nur die Möglichkeit die gesamte Bundesregierung zu entlassen, um die politische Situation zu beeinflussen. (Art. 70 Abs. 1 B-VG) Zu diesem radikalen Schritt werden die wenigsten bereit sein und sind es auch nicht. Dies wird auch durch die Realität und die Geschichte bestätigt. Ein solches „Alles oder Nichts“ - Prinzip führt auch in der Regel nicht zu nachhaltigen politischen Lösungen.
 
Hat er, der Bundespräsident, aber auch andere Möglichkeiten der Einflußnahme auf das politische Geschehen im Parlament, dann ist es für den jeweiligen Amtsinhaber natürlich auch leichter möglich durch das Einbringen entsprechender Gesetzesanträge die Situation zu beeinflussen und der parlamentarischen Abstimmungslage eine andere Richtung zu geben. Man wird auch die persönliche Situation des einzelnen Menschen in diesem Amt berücksichtigen müssen. Solche drastischen bzw. radikalen Schritte sind vielleicht für einen Amtsinhaber nicht immer einfach durchzuführen.
 
Die Autorität, welche ihm seine direkt-demokratische Legitimation gibt, kann durchaus geeignet sein, in dem einen oder andern Fall, ein anderes Abstimmungsverhalten im Nationalrat zu erwirken. So gesehen ist es nicht undenkbar, daß ein Gesetzesantrag, eingebracht durch den Bundespräsidenten, im Parlament eine andere Wirkung hat, als eine Regierungsvorlage, ein Initiativantrag oder überhaupt ein Volksbegehren, welches in gesetzgeberischer Hinsicht ohnehin kaum von Nutzen ist.
 
Durch die so gewährten Antragsrechte im Parlament wird auch vermieden, dem Bundespräsidenten eine eigenständige politische Machtposition an die Hand zu geben. Er erhält dadurch nur Antragsrechte im Parlament und effektivere Einflußmöglichkeiten auf das politische und parlamentarische Geschehen und keine Anordnungsrechte aus eigener Macht.
 
Eine weitere Möglichkeit, die Position des Bundespräsidenten im staatlichen Gefüge aufzuwerten, besteht darin, ihm die Möglichkeit einzuräumen, Gesetze und Verordnungen beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Eine solche Antragslegitimation, somit eine Novellierung der Art 139 und 140 B-VG, erscheint dringend geboten und würde auch den Vorstellungen in der Gesellschaft hinsichtlich der Stellung des Bundespräsidenten im Staat als Staatoberhaupt gerecht werden.
 
Derzeit beurkundet der Bundespräsident lediglich das verfassungsgemäße Zustandekommen von Gesetzen. (Art. 47 B-VG) Eine inhaltliche Prüfungsbefugnis, insbesondere in Bezug auf die Grundrechte, ist dem Bundespräsidenten durch die Bundesverfassung damit nicht eingeräumt worden. Diese Befugnis bleibt ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten.
 
In den Art. 139 und 140 B-VG ist Antragslegitimation beim Verfassungsgerichtshof geregelt.
 
Bemerkenswert dabei ist, daß es zwar wieder der Bundesregierung erlaubt ist, Verordnungen und Gesetze (Bundes- und Landesgesetze) beim Verfassungsgerichtshof anzufechten, dem Bundespräsidenten, welcher die Bundesregierung ernennt, diese Möglichkeit der Normenkontrolle von der Bundesverfassung aber nicht gegeben wurde; eine Tatsache, welche sich dieser Tage als massives Defizit herausstellt, da die Möglichkeiten einer abstrakten Normenkontrolle beim Verfassungsgerichtshof aufgrund des geltenden Verfassungsrechts sehr eingeschränkt sind und vor allem für den einzelnen Bürger überhaupt nicht existieren. Dies liegt nicht zuletzt an der verfassungsrechtlich vorgesehen Antragslegitimation vor diesem Höchstgericht.
 
Durch die Aufwertung des Bundespräsidenten als Dreh- und Angelpunkt im verfassungsrechtlichen Macht- und Kontrollgefüge durch Einräumung dieser parlamentarischen Antragsrechte und auch einer Aktivlegitimation vor dem Verfassungsgerichtshof würde eine signifikante rechtliche Stabilisierung unseres staatlichen Gefüges nach sich ziehen. Die Aufwertung in der Bundesverfassung dieses direkt gewählten obersten Organs trägt somit entscheidend dazu bei, das rechtsstaatliche Grundprinzip, festgelegt im B-VG, nachhaltig zu stärken.
 
Bei all dem geht es hier primär um die verfassungsrechtliche Festlegung bzw. Definition des Organs Bundespräsident im Sinne der Art. 60 ff und Art. 139 und 140 B-VG. Ob dies bei dem derzeitigen konkreten Amtsinhaber den hier aufgezeigten und intendierten Effekt, insbesondere bei dem hier aktuellen Covid-19 Maßnahmengesetz gehabt hätte, kann nicht gesagt werden; man kann es aber mit Fug und Recht bezweifeln. Es darf aber davon ausgegangen werden, daß es auch einmal andere Amtsinhaber geben wird.
 
Abschließend muß zu allen hier dargestellten Punkten wiederholt festgehalten werden, daß es nicht ausreicht, sich bloß rechtlich mit den Problematiken in der Verfassung zu beschäftigen. Es ist auch notwendig, die Bevölkerung, jeden einzelnen Menschen vermehrt über die Wichtigkeit und Bedeutung einer Verfassung, von Grundrechten und vor allem über die Funktion des Verfassungsgerichtshofes aufzuklären.
 
Besitzt die Rechtsordnung insgesamt keine soziale Realität, ist sie sinnlos. Das ist traurig, aber wahr.
 
Wien, am 29.01.2021
RA Dr. Roman Schiessler

© Dr. Roman Schiessler (für den Inhalt verantwortlich)
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