Blog 0033 - Der klerikale Mißbrauch von Minderjährigen und Univ. Prof. Dr. Alexander van der Bellen - Bundespräsident - RA Dr. Roman Schiessler

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Blog 0033 - Der klerikale Mißbrauch von Minderjährigen und Univ. Prof. Dr. Alexander van der Bellen - Bundespräsident

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Der klerikale Mißbrauch von Minderjährigen und Univ. Prof. Dr. Alexander van der Bellen - Bundespräsident

In meiner Eigenschaft als Vertreter der Plattform Betroffene kirchlicher Gewalt und als Vertreter von mehreren Mißbrauchsopfern wandte ich mich mit einer Reihe von Mißständen in Bezug auf die Klasnic-Kommission an den Herrn Bundespräsidenten.
 
Das Schreiben enthielt folgende Punkte: (Zitat)
 
  1. Als Rechtsanwalt ist man immer öfter mit der Tatsache konfrontiert, von dieser Einrichtung ignoriert zu werden. Der Klasnic- Kommission ist bekannt, daß sich eine Reihe von Mißbrauchsopfern nicht an diese wenden wollen, da es sich um eine kirchliche Einrichtung handelt und diese Klienten – man muß es so deutlich sagen – von dieser kirchlichen Einrichtung angewidert sind. Darum wenden sich diese Opfer an einen Rechtsanwalt um einen direkten Kontakt zu vermeiden. Die Schreiben werden dann nicht direkt gegenüber dem Vertreter - also mir - beantwortet, sondern man wendet sich direkt an die Betroffenen, aber genau dieses soll vermieden werden.
  2. Es wird nach wie vor fortlaufend behauptet, daß diese Zahlungen, welche geleistet werden der Rechtsprechung entsprechen und daß gleichsam ein Gang zu Gericht ohnehin keinen Sinn macht. Daß dies tatsächlich nicht der Fall ist, ist evident. Wenn zum Nachweis hierüber eine diesbezügliche Rechtsprechung eingefordert wird, wird dies abgelehnt; dies in einem Tonfall, welcher geradezu unglaublich ist. Daß es eine solche Rechtsprechung, welche die Zahlungen der Klasnic Kommission hinsichtlich der verursachten Personenschäden nachvollziehbar machen, nicht gibt, ist aber eindeutig.
  3. Ferner spielt man auch offensichtlich auf Zeit. Dies bedeutet, daß man hofft, daß das jeweilige Mißbrauchsopfer die Auszahlung nicht erlebt und verweigert dann die Auszahlung der Leistung an die Verlassenschaft bzw. Erben. Dazu ist festzuhalten, daß jeder Schadenersatzanspruch gemäß allgemeinem Privatrecht natürlich Teil des Erbes ist. Dieser spezielle Anspruch gegenüber der Kirche ist es aber aus unerfindlichen Gründen nicht.
  4. Nach wie vor ist es so, daß die gesetzlichen Verjährungsfristen im ABGB nicht der hier gegebenen Problematik angepasst sind und somit den Betroffenen kirchlicher Gewalt der Zugang zu den Gerichten verwehrt ist. Bei Schadenersatzklagen wird seitens der beklagten kirchlichen Einrichtung durchwegs immer der Einwand der Verjährung erhoben und ist somit der Anspruch auf Schadenersatz nach DREI Jahren nach dem Schadensereignis gerichtlich nicht mehr durchsetzbar. Ein geradezu unglaublicher Vorgang, wenn man sich die Dimension dieser Verbrechen (§ 17 StGB) vor Augen führt. Dies alles geschieht aus gutem Grund, da, wie bereits ausgeführt, die Schadenersatzleistungen aufgrund der Rechtsprechung um ein Vielfaches höher sind, als die Leistungen der Klasnic-Kommission.
  5. Soweit es aber zu Prozessen kommt, bemerkt man ferner immer öfter, daß insbesondere die Sachverständigen der Psychiatrie eng verbunden sind mit der katholischen Kirche und genau diese Sachverständigen in Schadenersatzprozessen als gerichtliche Sachverständige bestellt werden. Als Beispiel ist hier das RPP-Institut zu nennen. Auch in der Klasnic-Kommission selbst ist einer der dort angeführten Referenten zu finden. Daß dies kaum einem Klienten bzw. Mißbrauchsopfer mehr vermittelbar ist, braucht, wie ich meine, nicht näher ausgeführt zu werden. Eine unabhängige Justiz sieht gerade in einem solchen Bereich m.E. anders aus.
 
Ich schloß dieses Schreiben mit nachstehendem Ersuchen: (Zitat)
 
„Sehr geehrter Herr Bundespräsident, mir ist ihre verfassungsrechtliche Stellung sehr wohl bewußt, es erscheint mir jedoch erforderlich, Sie von diesen Umständen in Kenntnis zu setzen und ersuche Sie, das eine oder andere bezüglich dieser Einrichtung zu hinterfragen.“
 
Die Antwort lautete wie folgt: (Zitat, GZ S711900/265-STR/2019)
 
„Besten Dank für Ihr Schreiben vom 29. August 2019. Der Herr Bundespräsident hat es aufmerksam gelesen.
 
Er dankt Ihnen, dass Sie im Namen der von Ihnen vertretenen Personen Ihr Anliegen schriftlich darlegen und den Herrn Bundespräsidenten informieren. Es kann damit in seine Überlegungen einfließen.
 
In der vorliegenden Angelegenheit ist dem Herrn Bundespräsidenten eine unmittelbare Veranlassung nicht möglich. Sicher werden Sie sich mit Ihrem Anliegen bereits an die zuständigen kirchlichen Einrichtungen oder an Kardinal Christoph Schönborn gewandt haben, der die Klasnic-Kommission mit dem Einschreiten beauftragt hat.
 
Im Namen des Herrn Bundespräsidenten wünsche ich Ihnen und den Menschen, für die Sie einschreiten, viel Kraft und alles Gute. Ich gebe auch der Hoffnung Ausdruck, dass es gelingen möge, das Leid, das viele dieser Menschen oft über Jahre erfahren haben, in irgendeiner Weise bewältigbar und für die Zukunft ertragbar zumachen.“
 
Soweit die Antwort der Präsidentschaftskanzlei bzw. des Bundespräsidenten.
 
Es ist natürlich klar, daß der Bundespräsident nicht unmittelbar hier einschreiten kann und eine Änderung herbeiführen. Befremdlich ist aber jedenfalls, daß er empfiehlt, daß man sich an die Kirche wenden soll, insbesondere an Kardinal Christoph Schönborn.
 
Damit verweist der Bundespräsident die Verbrechensopfer an jene Organisation zurück, welche selbst für diese Verbrechen verantwortlich ist. Er selbst macht und befördert die Täter zu Richtern.
 
Gerade hier liegt jedoch das Problem. Sämtliche Mißbrauchsopfer empfinden es als eine Zumutung, sich an jene Einrichtung, jene Organisation wenden zu müssen, welche ihnen dieses Leid angetan hat und welche ihr kriminelles und verbrecherisches Treiben weltweit und über Jahrhunderte zum Schaden von Kindern und Minderjährigen betreibt und betrieben hat. (vgl. Der sexuelle Mißbrauch und andere Rechtssysteme)
 
Es zu erörtern, warum, es ihnen - den Mißbrauchsopfern - nicht möglich ist zu Gericht zu gehen, ihr Anliegen, wie jeder andere auch dort vorzutragen und so den Rechtsstaat aufzufordern, Recht zu sprechen und das geltende Recht, insbesondere das Schadenersatzrecht, zur Anwendung zu bringen.
 
Es ist dem Bundespräsidenten unbenommen, zur Frage der Verjährung öffentlich Stellung zu nehmen und diese Problematik bei Sexualverbrechen zu Lasten von Minderjährigen auch öffentlich anzusprechen.
 
Auch ist es dem Bundespräsidenten unbenommen zu hinterfragen, warum einerseits bei der Klasnic-Kommission derzeit bereits über 2100 Fälle positiv entschieden wurden, wie man dies dort zu formulieren pflegt, wobei die Frage gestellt werden kann, was hier als positive Entscheidung zu werten ist, wenn auf der anderen Seite kaum gerichtliche Entscheidung vorliegen und der Rechtsstaat bei diesem Massenverbrechen, begangen an Minderjährigen, völlig versagt hat.
 
Man wird den Herrn Bundespräsidenten sehr wohl auch fragen dürfen, warum er einerseits eine Frau Dr. Brigitte Bierlein als Bundeskanzlerin ernennt und diese auch fortlaufend öffentliche lobend hervorhebt aufgrund ihrer Arbeit als Bundeskanzlerin, welche aber andererseits auch Mitglied der Klasnic-Kommission ist und somit an der Aufarbeitung dieser mehr als 2100 positiv erledigten Entscheidungen im Rahmen dieser Kommission beteiligt ist, jedoch dieselbe Frau Dr. Brigitte Bierlein als Staatsanwältin seit den 70iger Jahren und ihre gesamte Kollegenschaft auf diesem Gebiet im Rahmen der Strafrechtspflege offensichtlich völlig versagt hat, da es lediglich eine bekannte Verurteilung eines Klerikers gibt.
 
All diese Fragen kann der Bundespräsident im Rahmen seiner Position öffentlich ansprechen. Getan hat er es bisher nicht. Er verweist lediglich in seinem Schreiben auf die katholische Kirche, der verantwortlichen Einrichtung für all diese Straftaten, an welche man sich wenden soll.
 
Wien, am 02.09.2019
RA Dr. Roman Schiessler
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