Blog 0042 - Entschädigungsregelungen im Internationalen Vergleich - RA Dr. Roman Schiessler

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Blog 0042 - Entschädigungsregelungen im Internationalen Vergleich

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Entschädigungsregelungen im internationalen Vergleich

Die Entschädigung für Mißbrauchsopfer im internationalen Vergleich - Regelungen und Beträge - sind weltweit sehr unterschiedlich geregelt.
 
Irland
 
Seit 2002 werden Opfer von physischer Misshandlung oder sexuellem Missbrauch in den staatlichen und kirchlichen Einrichtungen Irlands in organisierter Form entschädigt. Das «Residential InstitutionsRedress Board» verwaltet die von Staat und Kircheninstitutionen bereitgestellten Gelder und regelt ihre Verteilung. Insgesamt haben Staat und Kirche 2,1 Milliarden Euro bereitgestellt. Nach einer Prüfung erhalten die Antragsteller je nach Schwere der Misshandlung oder des Missbrauchs maximal 300.000 Euro Entschädigung. Bis 2010 wurden 14.753 Anträge eingereicht; die Mehrzahl der Opfer wurde mit bis zu 100.000 Euro entschädigt.
 
USA
 
In den Vereinigten Staaten haben Mißbrauchsopfer weitergehende Möglichkeiten ziviler gerichtlicher Schadenersatzklagen als in anderen Ländern. US-Bistümer und -Orden zahlten bislang mehr als zwei Milliarden Dollar Schadenersatz an Opfer. Mehrere Bistümer beantragten Gläubigerschutz, weil die Schadenersatzforderungen der Opfer nicht mehr bedient werden konnten. Bis Ende 2010 hatten sieben Bistümer und der Jesuitenorden in Oregon ihre Zahlungsunfähigkeit erklärt, darunter Davenport in Iowa, Fairbanks in Alaska, Portland in Oregon, San Diego in Kalifornien, Spokane in Washington, Tucson in Arizona, Wilmington in Delaware und Milwaukee in Wisconsin. Nach eigenen Angaben zahlte allein die Erzdiözese Chicago seit 2000 rund 200 Millionen Dollar an Mißbrauchsopfer.
 
Kanada
 
Für die Opfer wurden 1,9 Milliarden kanadische Dollar (etwa 1,45 Milliarden Euro) als Entschädigung bereitgestellt. Zugleich wurde die Einrichtung der «Wahrheits- und Versöhnungskommission» beschlossen.
 
Australien
 
Gemäß Empfehlungen der nationalen Missbrauchskommission wurden in Australien die gesetzlichen Grundlagen für einen nationalen Entschädigungsfonds geschaffen, dem mittlerweile gut 90 Prozent aller katholischen Bistümer und Gemeinden beigetreten sind. Schätzungen zufolge werden für Zahlungen an rund 60.000 Mißbrauchsopfer umgerechnet 2,5 Milliarden Euro benötigt. Davon muss die katholische Kirche etwa 645 Millionen Euro tragen.
 
In Österreich

haben die österreichischen Bischöfe im Juni 2010 eine
 
Entschädigungsregelung für Mißbrauchsopfer geschaffen. Demnach soll Die allseits bekannte Klasnic-Kommission hier einen Ausgleich schaffen. Die Beträge bewegen sich zwischen 5.000 und 25.000 Euro. Bereits hier sieht man aufgrund des Ländervergleichs, wie absurd diese Beträge sind. Die jetzige Novelle zum Verjährungsrecht tut ihr Übriges. (vgl. Gewaltschutzgesetz 2019)
 
Aus rechtsstaatlicher Sicht und vor allem um der katholischen Kirche klar zu machen, daß sie wie alle Staatsbürger und sonstigen weltlichen Einrichtungen dem staatlichen Recht unterworfen ist, wäre die amerikanische Reglung zu bevorzugen, da hier auch eine gerichtliche Aufarbeitung stattfinden kann. Es ist für das Opfer wesentlich, daß es sich vor Gericht selbst äußern kann und so auch selbst zum „Ankläger“ bzw. zum Kläger wird und als handelnde Person anerkannt. Derzeit sind Betroffenen kirchlicher Gewalt lediglich Objekte einer Entschädigungsregelung, welche diesen gleichsam obrigkeitlich etwas in gönnerhafter Art und Weise zugebilligt wird. Die Anwendung von geltendem Recht sieht jedenfalls anders aus. Ein massives Nachbessern in Österreich tut jedenfalls not. (vgl. Kirchliche Fragen und geltendes Recht)
 
In Deutschland

beraten derzeit die katholischen Bischöfe bei ihrer Vollversammlung in Fulda über ein völlig neues Entschädigungsverfahren für Opfer sexueller Gewalt durch Geistliche. Bisher war dort auch nie von einem Schadenersatz die Rede, sondern nur von „einer materiellen Anerkennung erlittenen Leids“. Die geleisteten Beträge überschritten selten € 5000.
 
Es ist davon auszugehen, daß sich diese Regelung, welche jetzt beraten wird, weit von der Österreichischen Reglung entfernt sein wird. Im Gespräch ist ein einheitlicher  Betrag um die € 300.000 oder einer Stufenregelung zwischen € 40.000 bis € 400.000. Diese Beträge werden den Schaden, welcher bei Anwendung schadenersatzrechtlicher Grundsätze herauskommen würde, nicht vollständig in jedem Fall ausgleichen, es sind jedoch Größenordnungen, welche doch eine gewisse Symbolkraft besitzt.
 
Wien, am 25.09.2019
RA Dr. Roman Schiessler
 
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