Blog 0007 - Der rechtsfreie Raum - RA Dr. Roman Schiessler

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Blog 0007 - Der rechtsfreie Raum

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Der rechtsfreie Raum
 
Als rechtsfreien Raum bezeichnet man üblicher Weise und auch in der Öffentlichkeit einen zeitlich, räumlich oder thematisch begrenzter Bereich, in dem keine Gesetze vorhanden sind, nicht zur Wirkung gelangen oder schlichtweg keine Beachtung finden bzw. die Durchsetzung nicht möglich ist.

 
Diese gemeinhin bekannte Definition kann erweitert werden, dies dadurch in dem man hinzufügt, daß, wie es Fall des sexuellen Mißbrauchs Minderjähriger seit Jahren passiert, dies aufgrund eines völlig verfehlten Verjährungsrechts, welches zum Mißbrauch einlädt, keine Rechtsprechung in diesem Bereich stattfindet. Allein die Zahlen der Klasnic-Kommission bestätigen dies in eindrucksvoller Weise. (www.opfer-schutz.at und vgl. Alles nur eine Kampagne gegen die Kirche sowie Die klerikale und staatliche Bagatellisierung)
 
Aus einem Bericht dieser Kommission geht hervor, daß bis 31.12.2018 1974 positive Entscheidungen ergangen sind, dies bedeutet, daß selbst von der Kirche diese Fälle als Mißbrauchsfälle anerkannt worden sind ohne daß sie ein gerichtliches Nachspiel hatten; dies im strafrechtlichen oder zivilrechtlichen Sinn.
 
Im Endeffekt entsteht durch die missbräuchliche Verwendung des Verjährungseinwandes (§ 1501 ABGB) aufgrund des bestehenden Verjährungsrechts ein reichsfreier Raum, welcher von den Tätern weidlich ausgenützt wird, in dem Rechtsprechung systematisch unterbunden wird. Die Kirche sieht sich darüber hinaus darin in einer moralisch abgesicherten Position.
 
Es handelt sich hierbei nicht um ein Stadtviertel, in dem die Exekutive nicht mehr tätig ist oder sich nur mehr in Mannschaftsstärke dorthin traut, sondern es handelt sich um eine weitaus subtilere Ausschaltung des Rechtsstaates, dies auch unter Einbeziehung des politischen Einflusses, damit der jeweilige rechtliche Zustand auch so bleibt wie er ist und somit auch der reichsfreie Raum.
 
Es findet auch unmittelbar keine offensichtliche Gewalt statt, denn diese hat schon vor Jahren und Jahrzehnten stattgefunden, es wir nur verhindert, daß in einer Sache eine gerichtliche Entscheidung ergeht.
 
In Wahrheit handelt es sich um ein völlig unspektakuläres Vorgehen, lediglich um einen Einwand in einem Zivilprozess, welches bzw. welcher noch den Anschein der Rechtsmäßigkeit erweckt. Unspektakulär ist es deshalb, da dies im Einzelfall von der Öffentlichkeit praktisch nie wahrgenommen wird und auch der Anschein der Rechtsmäßigkeit entsteht.
 
Die Fallzahlen sprechen aber eine andere Sprache. Es liegt daher jedenfalls ein thematisch begrenzter rechtsfreier Raum im Sinne der oben angeführten Definition vor, welcher im Übrigen dadurch gekennzeichnet ist, daß er interessanter Weise im Gerichtssaal selbst entsteht und nicht auf der Straße, wie das normaler Weise bei rechtsfreien Räumen der Fall und zu erwarten ist und ist dieser ferner unmittelbar völlig gewaltfrei.
 
Auch ist der Staat selbst bei der Schaffung desselben beteiligt, da er - der rechtsfreie Raum – als solcher deutlich erkennbar ist, aber nicht abgestellt wird.
 
Selbst in der Gesellschaft wird dieser Zustand – der sexuelle Mißbrauch selbst - zwar allgemein als Missstand wahrgenommen, eine Änderung findet aber interessanter Weise nicht statt, wahrscheinlich deshalb, da eine gerichtliche Entscheidung, wenn auch im abweislichen Sinn, ergeht und somit dem Rechtsstaat offenbar genüge getan wurde.
 
Auch wird dieser rechtsfreie Raum nicht durch außerrechtliche Umstände geschaffen, sondern gleichsam durch das Gesetz selbst. Der Verjährungseinwand wird zwar mißbräuchlich eingesetzt, aber der Einsatz desselben ist völlig legal. Der Gesetzgeber verhindert somit sehenden Auges die Durchsetzung des von ihm selbst geschaffenen Rechts, dies durch eine Pervertierung eines an sich sinnvollen Rechtsinstituts eines Rechstunterworfenen, diese Pervertierung wird aber nicht abgestellt. (vgl. Die Verjährung als Einwand des Beklagten)
 
Wien, am 10.03.2019
RA Dr. Roman Schiessler
 
 
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