Blog 0032 - Das Beichtgeheimnis und Sexualverbrechen - RA Dr. Roman Schiessler

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Blog 0032 - Das Beichtgeheimnis und Sexualverbrechen

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Das Beichtgeheimnis und Sexualverbrechen

In einem Artikel in der kathpress über legistische Maßnahmen gegen sexuellen Mißbrauch in der Kirche im Bundesstaat Victoria (Australien) wird berichtet, daß angedacht ist, den Schutz des Beichtgeheimnisses einzuschränken. Dazu ist anzumerken, daß in anderen australischen Bundesstaaten es gesetzlich bereits jetzt vorgesehen ist, den Bruch des Beichtgeheimnisses bei Mißbrauchsfällen zu erzwingen, um auf diese Weise entsprechende Aussagen zu erlangen.
 
Die zuständige Justizministerin dieses Bundestaates, Jill Hennessy, erklärte, daß der Schutz dieser klerikalen, spirituellen Praktik zweitrangig sei, im Vergleich mit dem Schutz von Kindern. Ihr ist uneingeschränkt zuzustimmen.
 
Bemerkenswert in diesem Artikel ist aber, daß ein australischer Kardinal erklärte, dies angesichts klerikaler Sexualverbrechen, welche weltweit an Minderjährigen begangen wurden und über Jahrhunderte zurückgehen, daß er lieber ins Gefängnis gehen wolle, als bei Missbrauchsbekenntnissen das Beichtgeheimnis zu brechen. Man kann nur sagen, daß diesem Mann geholfen werden kann. Ich denke, daß er in einem solchen Fall einsitzen soll, und zwar so lange, bis er zur Besinnung kommt. Auch über die Art und Weise einer solchen Beugehaft kann hier diskutiert werden.
 
Bei der Betrachtung diese Problematik ist zweierlei zu beachten bzw. argumentativ ins Treffen zu führen:
 
  1. Es ist eine wertende Betrachtung durchzuführen, wobei natürlich klar das körperliche Integritätsinteresse jedes einzelnen, insbesondere jedes Kindes bzw. Minderjährigen, vor irgendwelchen spirituellen Praktiken zu stellen ist. Allein die Ausführungen unseres Kardinals, eines Dr. Schönborn (vgl. Dr. Schönborn und Mißbrauch - Referat RPP Institut) im Rahmen eines Vortrages in Bezug auf das Verhältnis zur Beichte und zu anderen in der Rechtsordnung geschützten Werten, ist eine an sich ausreichende Begründung dafür, daß auch bei uns hier ein dringender Handlungsbedarf besteht.
  2. Es muß unmissverständlich klargestellt werden, daß sämtliche spirituelle Einrichtungen, somit alle Religionsgesellschaften, dem staatlichen Recht sich unterzuordnenden haben. Religionsgesellschaften neigen generell dazu, sich über staatliches Recht zu stellen und sich wie ein Staat im Staat zu verhalten. Die ist abzustellen.
 
Die derzeitige Rechtslage in Österreich schreibt Vernehmungsverbote vor. (§ 155 StPO - Verbot der Vernehmung als Zeuge und § 320 ZPO).
 
Durch diese prozessuale Regelung ist es dem jeweiligen Kleriker möglich, jedes kriminelle Treiben in der katholischen Kirche völlig legal im Rahmen eines Gerichtsverfahrens im Verborgenen zu halten und die Aussage zu verweigern. Er braucht sich nur auf das Beichtgeheimnis und somit auf das gesetzliche Vernehmungsverbot zu berufen und die Angelegenheit ist für ihn mehr oder weniger erledigt. Ob sein Wissen aus einer Beichte stammt oder nicht, spielt dabei ohnehin keine wesentliche Rolle, da es nicht überprüft wird und nicht überprüft werden kann. Eine diesbezügliche Kontrolle ist schon aus logischen Gründen auch nicht denkbar, da eine solche das Beichtgeheimnis und somit das Vernehmungsverbot selbst in Frage stellen würde. Eine Überprüfung ist somit unmöglich.
 
Solche Regelungen, in Anbetracht der weltweit bekannten Sexualverbrechen innerhalb der katholischen Kirche, aufrecht zu erhalten, dies auch bei Verfahren, welche Sexualverbrachen an Minderjährigen zum Gegenstand haben, ist in jeder Hinsicht verantwortungslos und ist nichts anderes als eine weitere gesetzliche Unterstützungsleistung für diese Straftaten.
 
Es ist das Gleiche, wie bei der Verjährungsfrage. Auch hier werden diese Verbrechen durch das derzeit geltende Recht in diesem Bereich geschüzt und wird auf diese Weise ein rechtsfreier Raum geschaffen. (vgl. Der reichsfreie Raum)
 
Bedauerlicher Weise ist aber festzuhalten, daß es keine einzige, seriöse, offizielle legistische Initiative gibt, diese Vernehmungsverbote neu zu definieren und aufgrund der offenkundigen Sexualverbrechen, begangen durch Kleriker, zu ändern. Dem australischen Beispiel wäre aber dringend zu folgen.
 
Wien, 18.08.2019
RA Dr. Roman Schiessler
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