Blog 0054 - Augustinus von Hippo - De Civitate Dei
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Augustinus von Hippo - De Civitate Dei
Zu Beginn des 5. nachchristlichen Jahrhunderts entwickelte Augustinus von Hippo die Vorstellung von einem Gottesstaat.
Die grundlegende Idee dahinter ist bzw. war die, daß der Gottesstaat (civitas dei) im Gegensatz zum irdischen Staat (civitas terrena) steht und dieser Gegensatz auch ein bleibender ist.
Die politische Bedeutung besteht darin, daß der Gottesstaat unabhängig vom weltlichen bzw. irdischen Staat existiert und als Kontinuum aufzufassen ist und dieses Kontinuum vor allem auch bei einem Untergang des irdischen Staates als Gottesstaat natürlich weiter bestehen bleibt.
Der geschichtliche Hintergrund dieser These ist die im Jahr 410 erfolgte Eroberung Roms durch die Westgoten unter Alarich I. Man glaubte offenbar dadurch das Ende Welt kommen zu sehen und mußte auf Grund dessen eine Theorie zum Fortbestand der Menschheit und der Welt entwickeln. Man sah das Ende der Zivilisation gekommen.
Die Entwicklung der Theorie des Gottesstaates - dies gilt für alle Religionen - zeigt aber, daß diese Gedanken für die Zivilisation selbst keinen Beitrag zu leisten in der Lage sind, sondern geradewegs das Gegenteil bewirken.
Daraus ergibt in der Folge auch denklogsich, daß zum Ersten der Glaube und die Kirche unabhängig ist vom Bestehen des römischen Reiches und somit auch vom Bestand einer sonstigen staatlichen Ordnung, zum zweiten, daß die kirchliche Ordnung über dem Staat steht und auch zum Dritten, daß eine Verantwortlichkeit der göttlichen bzw. kirchlichen Ordnung gegenüber der weltlichen Ordnung nicht gegeben sein kann.
Augustinus selbst war ein numidischer, somit nordafrikanischer Kirchenlehrer, welcher in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts und dem 5. Jahrhundert lebte.
Er zählt zu den 4 lateinischen Kirchenvätern, welcher die christliche Kirche über das gesamte Mittelalter hin prägte und es läßt sicher daher sein Einfluss bis heute, insbesondere im Klerus, gedanklich nachweisen.
Sein Denken über die menschliche Existenz als bloßes Übergansstadium, hin zu einem höheren Sein, beeinflußt natürlich auch das Menschenbild und dies nicht gerade zum Besten. Der Mensch ist in Bezug auf sein irdisches Dasein nur auf dem Weg zu einer Art himmlischen Reich und spielen daher weltliche und irdische Problemstellungen keine relevante Rolle. Jede menschliche Existenz, so wie auch die jeweilige staatliche Ordnung unterliegt somit der übergeordneten Kontinuität der göttlichen Ordnung. Dies erklärt natürlich auch die Ignoranz der Kirche gegenüber den irdischen Geschehnissen und staatlichen Systemen und die Menschenverachtung der Kirche gegenüber der persönlichen Integrität gegenüber dem jeweils anderen, wenn es um Angelegenheiten der göttlichen Ordnung geht. Der Mißbrauchsskandal findet darin seinen eindeutigen Ausdruck.
Da, wie eingangs ausgeführt, die göttliche Ordnung über der weltlichen steht, da diese unabhängig von dieser jeweils jetzt bestehenden weltlichen Ordnung ist und eine Änderung der weltliche Ordnung auf das Bestehen der göttlichen Ordnung keinen Einfluß hat, sind natürlich auch die Institutionen der weltlichen Ordnung verpflichtet, der göttlichen Ordnung zu dienen und schließt dies daher auch eine Verantwortlichkeit in dieser, der göttlichen Ordnung, nämlich in Richtung der irdischen Welt aus. Ansätze die weltliche Herrschaft der göttlichen anzugleichen und auch entsprechend zu legitimieren, zeigen sich im Gottesgnadentum vieler Herrscher und haben ihren geistesgeschichtlichen Ursprung bei Augustinus von Hippo.
Der Gottesstaat ist somit in Bezug auf den weltlichen Staat als völlig abstrakt zu betrachten, da sein Bestehen immer davon unabhängig ist.
All diese staatstheoretischen Betrachtungen erklären, warum die Kirche glaubt, die jeweils geltende Rechtsordnung eines Gemeinwesens nicht beachten zu müssen.
Es erklärt auch, warum, wir heute noch für das Mittelalter und die Reformmaßnahmen Josephs II. zahlen müssen. (vgl. Vermögensrechtliche Beziehungen Staat - Kirche) Gedanklich konkret umgesetzt bedeutet dies nämlich in Sinne der Theorie des Augustinus von Hippo, daß sich seit dem Mittelälter nämlich nichts geändert hat. Die Kirche ist die Konstante und was sich im weltlichen Bereich ändert ist irrelevant.
Daß es das nicht sein kann ist evident. Alle Regelungen, welche gedanklich in diese Richtung gehen sind umgehend zu beseitigen, seien diese auf nationaler Ebene zu finden oder auf völkerrechtlicher.
Bemerkenswert ist noch zu erwähnen ein Zitat von Augustinus von Hippo aus seiner Schrift „De Civitate Dei“:
„Nimm das Recht weg - was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande“
Dieses Zitat ist insbesondere deshalb von Bedeutung und bemerkenswert, da aus diesem selbst nicht hervorgeht, welcher Staat im Sinne der Theorie des Augustinus von Hippo auch gemeint ist. Schlußendlich kann es aber auch dem jeweils Beraubten egal sein, ebenso wie den Mißbrauchsgeschädigten, da auch der Schaden selbst, nach diesen göttlichen staatstheoretischen Ausführungen, ohnehin nur irdisch und somit Teil eines Übergansstadiums ist.
Das göttliche Kontinuum bleibt aber bestehen, vor allem aufgrund der wirtschaftlichen und somit irdischen Grundlagen der Kirche, welche offenbar nicht vergänglich sind und offenbar auch nicht sein dürfen. Hat diese daher entschieden gilt der Satz „Roma locuta, causa finita!“ frei nach Augustinus von Hippo und der Geschädigte ist ebenfalls nur Teil dieses Übergangsstadiums.
Somit verbleiben der Schaden und der Geschädigte im Bereich der irdischen Irrelevanz und die Welt der katholischen Kirche ist wieder in Ordnung bzw. war eigentlich aufgrund dieser Weltanschauung nie in Unordnung. Genau in dieser Art und Weise agiert man auch.
Wien, am 05.12.2019
RA Dr. Roman Schiessler