Blog 0005 - Kirche und Presse - RA Dr. Roman Schiessler

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Blog 0005 - Kirche und Presse

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Kirche und Presse
 
Im OE1 Mittagsjournal vom 02.03.2019 führte der Presssprecher - Dr. Paul Wuthe, Presse- und Medienreferent der Bischofskonferenz, Post: Kathpress, Singerstraße 7/6/2, A-1010 Wien - der Kirche aus, daß sich gleichsam jeder Betroffene kirchlicher Sexualgewalt bei der Klasnic-Kommission eine „strenge“ rechtliche Prüfung des Sachverhalts durch ein Gericht erspart und es auch nicht unmoralisch ist vor einem staatlichen Gericht bei einem Schadenersatzprozess den Einwand der Verjährung vorzubringen um gegen solche Ansprüche vorzugehen und um diese abzuwehren.

Zum einen ist dazu zu sagen, daß es eine strenge rechtliche Prüfung vor einem staatlichen Gericht nicht gibt, sondern nur ein Beweisverfahren aufgrund dessen dann ein Urteil gefällt wird. Zum anderen ist dazu auszuführen, daß es einfach absurd ist, durch solche Ausführungen in der Öffentlichkeit der Allgemeinheit glauben zu machen, daß man seitens der Kirche bzw. der jeweiligen kirchlichen juristischen Person, welche beklagte Partei ist, noch etwas anders in einem solchen Prozess an wirksamen Abwehrmitteln zur Verfügung hätte als den Verjährungseinwand.

Die Erfahrung zeigt, daß bei Abweisung des Verjährungseinwandes man seitens der Kirche ziemlich schnell zu einer Einigung gelangen will. Dies vor allem um zu vermeiden, daß die Einzelheiten des jeweiligen Sexualverbrechens gerichtlich diskutiert und gerichtlich zu Protokoll gebracht werden. Da geht es noch gar nicht um das Bezahlen von einem Schadenersatz, welche weit höher ist als die Beträge, welche von der Klasnic-Kommission ausbezahlt werden.
 
Es ist noch immer das Bestreben der Kirche insgesamt vorhanden, alles so weit wie möglich im Verborgenen zu halten und daß nichts, vor allem keine Details der Sexualverbrechen, an die Öffentlichkeit gelangen. Die immer wieder getätigte Behauptung, daß diese Kommission garantiert, daß Details gleichsam vor Veröffentlichung bei dieser Kommission sicher sind und daß dadurch ein Schutz der Betroffenen gegeben ist, ist erstens nicht richtig, da es hierbei ausschließlich um die Interessen der Kirche geht und zweitens kann dies in einem Zivilverfahren, ebenso wie in einem Strafverfahren durch den Ausschluß der Öffentlichkeit von der Verhandlung gewährleistet werden.
 
Darum gibt es auch zwei Forderungen der Plattform gegen kirchliche Gewalt:
 
  1. Öffnung aller kirchlichen Archive und Veröffentlichung aller Akten der Klasnic-Kommission
  2. Schadenersatz nach ABGB und Abschaffung des Verjährungseinwandes in solchen Fällen
 
Die Wahrheit ist, daß man nur seine Politik des Verborgenhaltens aller Fakten und der wirtschaftlichen Optimierung der eigenen Schadenersatzverpflichtung im Auge hat. Die Klasnic-Kommission gibt es daher nur im Interesse der Kirche und nicht im Interesse der Gewaltopfer.
 
Bemerkenswert ist auch die Äußerung des Pressevertreters der Kirche, daß es nicht unmoralisch, sei bei solchen Prozessen den Einwand der Verjährung vorzubringen.
Dazu ist generell anzumerken, daß Äußerungen in Sachen Moral, welche von Vertretern der Kirche kommen, generell unbeachtet bleiben können und schlichtweg entbehrlich sind. Die Begründung hierfür liegt auf der Hand; dies aus nachvollziehbaren Gründen.
 
Grundsätzlich ist aber moralisches Handeln dadurch gekennzeichnet, daß man zu seinen Taten steht und sich hierfür auf Basis bestehender Gesetze, welche für alle gelten, zu verantworten hat.
 
Hinsichtlich der Verjährung selbst ist grundsätzlich anzumerken, daß es sich hier um ein durchaus sinnvolles juristisches Institut handelt, welches den Sinn hat, Rechtsstreitigkeiten so schnell wie möglich einer gerichtlichen Klärung zuzuführen. Zu beachten ist aber hier, daß in diesem Fall kirchliche Einrichtungen über Jahre und Jahrzehnte Minderjährige, welche ihnen anvertraut waren sexuell missbraucht und misshandelt haben und diese Vorgänge dann über Jahr und Jahrzehnte im Verborgenen hielten. Schon deshalb hat es die Kirche selbst zu verantworten, daß Klagen im Sinne der Verjährungsvorschriften des Privatrechts oft über Jahre und auch Jahrzehnte „zu spät“ eingebracht werden. Die Voraussetzungen für den Verjährungseinwand hat man daher selbst geschaffen.
 
Es gab und gibt bis heute keinen Aufklärungswillen und keine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden, insbesondere den Strafverfolgungsbehörden. Die „Verspätungen“ sind somit dem kirchlichen Handeln zuzurechnen und dies ist, wie gesagt, auch der Hauptgrund für die Existenz der Klasnic-Kommission.
 
Man hat, global betrachtet, das Leben von zig-tausenden Menschen ruiniert, die Voraussetzungen für den Verjährungseinwand selbst herbeigeführt und ist jetzt als staatlich anerkannte Religionsgesellschaft der Ansicht, daß der Verjährungseinwand nichts Unmoralisches sei. Es darf sich jeder seine Meinung hierüber bilden.
 
Rechtlich betrachtet hat man den Sinn der Verjährung hier völlig verkannt, ja sogar pervertiert. Man missbraucht Minderjährige und erwartet beispielweise, daß ein Zehnjähriger unter Einhaltung der 3-jährigen schadenersatzrechtlichen Verjährungsfrist dann spätestens im Alter von 13 eine Klage einbringt; dies natürlich unter Berücksichtigung des §1494 ABGB (vgl. Verjährung und Mißbrauch), wenn der Vorfall dem gesetzlichen Vertreter überhaupt bekannt ist.
 
Da dies offenbar in kaum einem Fall so passiert ist, ist es offenbar herrschende kirchliche Ansicht, daß man legitimer Weise Verjährung einzuwenden berechtigt ist, da es sich ja um eine Nachlässigkeit des Betroffenen selbst handelt bzw. seiner gesetzlichen Vertreter, insbesondere der Eltern.
 
Daß dies kaum der Sinn der Verjährung ist und auch nicht sein kann, ist sicherlich einleuchtend, versteht auch jeder und kommt daher auch in der Tatsache zum Ausdruck, daß die absolute Mehrheit der Bevölkerung den Verjährungseinwand in solchen Fällen schlichtweg ablehnt. Da aber eine Verhaltensänderung der Kirche nicht zu erwarten ist und demokratiepolitisch etwas anders gewollt ist, ist der Gesetzgeber gefordert, diesen Mißbrauch dieses an sich sinnvollen Rechtsinstituts abzustellen. Vorschläge hierzu gibt es. (vgl. Die Verjährung als Einwand des Beklagten)
 
Wien, am 04.03.2019
RA. Dr. Roman Schiessler
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