Blog 0038 - Ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit - RA Dr. Roman Schiessler

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Blog 0038 - Ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit

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Ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Aufgrund der immer mehr werdenden Enthüllungen in Bezug auf den Mißbrauchsskandal in der katholischen Kirche ist es höchst an der Zeit einmal die völkerrechtliche Dimension des weltweit stattfindenden verbrecherischen Treibens der katholischen Kirche und deren Kleriker zu beleuchten.
 
Aufgrund der von ZDF info produzierten Reportage über die weltweite Ausbreitung und Organisation der Sexualdelikte durch Kleriker in der katholischen Kirche (vgl. Peter Seisenbacher und die Justiz) ist dies mehr als angebracht.
 
Definiert wird ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie folgt:
 
„Verbrechen gegen die Menschlichkeit, unter anderem: Mord, ethnische Ausrottung, Versklavung, Deportation und andere unmenschliche Akte gegen die Zivilbevölkerung oder: Verfolgung aufgrund von rassistischen, politischen und religiösen Motiven; unabhängig davon, ob einzelstaatliches Recht verletzt wurde.“
 
(Londoner Charta vom 8. August 1945)
 
Auch der Artikel 7 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichthofes in Den Haag normiert im Abs. 1 allgemein und in der lit. g im Einzelnen konkret folgendes: (StF: BGBl. III Nr. 180/2002 idF BGBl. III Nr. 53/2019
 
„1) Im Sinne dieses Statuts bedeutet „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ jede der folgenden Handlungen, die im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung und in Kenntnis des Angriffs begangen wird:
 
g) Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Nötigung zur Prostitution, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation oder jede andere Form sexueller Gewalt von vergleichbarer Schwere;“
 
Auch das Völkergewohnheitsrecht hat diese Art von völkerrechtlichen Verbrechen als solches anerkannt. Man ist also nicht an formelle Abkommen oder Gerichtsstatute gebunden, um solche Vorgehensweisen im völkerrechtlichen Sinn als kriminell anzusehen.
 
National besteht eine Strafbarkeit gemäß § 321a StGB.
 
Es kann aufgrund dieser Bestimmungen und des Völkergewohnheitsrechts daher getrost angenommen werden, daß bei den massenhaften Mißbrauchsfällen in der katholischen Kirche völkerrechtlich relevante Sexualstraftaten vorliegen. (vgl. Alles nur eine Kampagne gegen die Kirche)
 
Es handelt sich eindeutig um einen Angriff auf die weltweite, insbesondere minderjährige Zivilbevölkerung. Dazu muß angemerkt werden, daß diese Form des völkerrechtlichen Verbrechens keinen Kriegszustand zwischen einzelnen Staaten voraussetzt. Bewaffnete Konflikte, gleich welcher Art, müssen nicht vorliegen, um einen Sachverhalt völkerrechtlich so zu qualifizieren. Das völkerrechtliche Verbrechen des Völkermordes ist hier beispielsweise weit enger gefaßt. Es muß bei einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit  lediglich allgemein ein systematischer, ausgedehnter und somit auch organisierter Angriff vorliegen, welcher hier eindeutig gegeben ist. Organisiert ist er deshalb, da die katholische Kirche ihre Kleriker systematisch vor der Strafverfolgung schützt, in dem sie die Straftäter im Rahmen ihrer global agierenden Organisation vor den Strafverfolgungsbehörden im Verborgenen hält. Sogar Haftbefehle, welche bereits bestehen, können nicht vollstreckt werden.
 
Auch ist die katholische Kirche insgesamt, insbesondere die Führungsetage, vom Papst abwärts in Kenntnis dieses globalen, verbrecherischen Treibens. Allein das weltweite Ausmaß läßt keinen anderen Schluß zu. Es kann daher angenommen werden, daß vorsätzlich, seitens dieser Kreise, die Verhinderung der Strafverfolgung organisiert und somit der kriminelle Zustand aufrechterhalten wird; dies eben weltweit.
 
Auch sind diese Verbrechen unabhängig von anderen, insbesondere historischen Geschehnissen zu sehen, auch wenn diese Begriffe und Tatbestände durch diese Ereignisse entscheidend geprägt wurden, wie beispielwese durch die Nürnberger und Tokioter Prozesse.
 
Zusammengefaßt liegt hier somit ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit deshalb vor, da man in Kenntnis des Sachverhaltes es vorsätzliche unternimmt die Strafverfolgung von Sexualkriminellen weltweit zu verhindern und so eine Aufrechterhaltung diese Zustandes bewirkt.
 
Es ist daher höchst an der Zeit daß man sich auf völkerrechtlicher Ebene mit diesem Problem aufeinandersetzt. Dies nicht nur im Rahmen der UN-Kinderrechtskonvention, wie bereits aufgezeigt.  (vgl. Die UN-Kinderrechtskonvention) sondern auch völkerstrafrechtlich. Nicht zuletzt ist auch der Vatikan ein Völkerrechtsubjekt und unterliegt selbstverständlicher Weise jedenfalls auch dem Völkergewohnheitsrecht. Dem römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofes ist er aber, offenbar wohlweislich, nicht beigetreten.
 
Auf völkerrechtlicher Ebene wären dann auch Entschädigungsfragen zu regeln, damit die Betroffenen nicht zu Bittstellern degradiert werden, wie dies auf nationalstaatlicher Ebene immer wieder der Fall ist.
 
Auch Fragen bezüglich bereits bestehender Verträge mit insbesondere finanziellem Hintergrund müssen und müßten überdacht werden. (vgl. Vermögensrechtliche Beziehungen Staat - Kirche)
 
Wien, am 19.09.2019
RA Dr. Roman Schiessler
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