Blog 0039 - Der Teufel ist schuld
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Der Teufel ist schuld
Diverse Kleriker, vom Papst abwärts (krone.at), äußern immer wieder die Ansicht, dies auch öffentlich, daß der Teufel an den Mißbräuchen von Minderjährigen die Schuld trägt.
Ausgehend von der Tatsache, daß wir im 21. nachchristlichen Jahrhundert leben, ist dies eine bemerkenswerte Behauptung für eine gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft. (Art. 15 StGG)
Diese Aussage ist nicht nur für sich betrachtet schlichtweg ein Unsinn, sie steht auch im Gegensatz zu der immer wieder geäußerten Ansicht von Vertretern der Kirche, daß eigentlich die Verweltlichung der Kirche, insbesondere die 68iger Bewegung, die Schuld an diesen Straftaten trägt. (vgl. Die Verweltlichung der Kirche - ein Mythos) Jedenfalls sollte man sich einmal innerkirchlich über die Ursächlichkeit einig werden.
Für unsere weltlichen und rechtlichen Zwecke könne aber beide Ansichten getrost ad acta gelegt werden.
Beide, von der Kirche ausgemachten Ursächlichkeiten zeigen aber auf, daß man in kirchlichen Kreisen noch immer nicht gelernt hat, mit Verantwortung, dies jedenfalls im weltlichen Sinn, umzugehen, diese zu übernehmen und auch schlußendlich zu tagen.
Die Verantwortung wird metaphysisch ausgelagert und begnügt man sich mit weltlichen Gesten a la Klasnic-Kommission, denn einem selbst trifft ja keine Schuld.
Es liegt gleichsam ein religiöses Systemversagen vor, für welches man keine Verantwortung trägt und somit auch nicht rechtlich bzw. weltlich zur Verantwortung gezogen werden kann.
Hier ergibt sich gedanklich, im religiösen Sinn, auch der Zusammenhang zum Justizversagen. Die Verbrechen, die Straftaten sind nicht von dieser Welt und kann es somit nicht sein, daß man im weltlichen Sinn zur Verantwortung gezogen wird.
Summa Summarum, wie immer man es sieht, man muß zum Schluß kommen, daß solche Einrichtungen, solche Religionsgesellschaften in einer modernen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts schlichtweg nichts mehr verloren haben. Das alles ist niemandem mehr vermittelbar.
Keiner weltlichen Einrichtung ist so ein Verhalten gestattet. Wir müssen uns überlegen, wie wir in unserer Gesellschaft spirituellen Bedürfnissen gerecht werden ohne den Rechtsstaat und das geltende Recht an sich ad absurdum führen. Denn dies geschieht hier augenscheinlich.
Spirituelle Bedürfnisse können somit in Hinkunft nur unter dem absoluten Primat staatlicher Kontrolle ausgelebt werden und muß die Möglichkeit bestehen, sofort staatlicherseits einzugreifen, wenn es zu Mißständen kommt. Dies dient dem Schutz aller.
Sämtliche Privilegien von Religionsgesellschaften sind zu streichen und bezieht sich dies auch auf prozessuale Rechte wie die Vernehmungsverbote in den Verfahrensgesetzen. (vgl. Das Beichtgeheimnis und Sexualverbrechen)
Es ist dies meiner Ansicht nach keine Forderung, welche einem zeitgeistigen Denken oder Streben entspringt, sondern nur eine logische und auch notwenige Konsequenz, welche aus den Enthüllungen der letzten zwei bis drei Jahrzehnten zu ziehen ist.
Eine Gleichrangigkeit zwischen dem Staat und den Religionsgesellschaften kann es nicht mehr geben. Religionsgesellschaften sind dann nur mehr nach dem Art 12 StGG bzw. Art. 11 MRK (Vereinsfreiheit) zulässig. Bestimmungen, wie sie derzeit in Art. 14-16 StGG existieren, sind nicht mehr angebracht und auch nicht mehr zeitgemäß.
Der Vorteil wäre, daß in diesem Fall auch diese „Religionsgesellschaften“ als bloße Vereine bei derartigen strafrechtlichen Umtrieben, wie derzeit in der katholischen Kirche, staatlicherseits sofort aufgelöst werden könnten, vor allem dann, wenn keinerlei Bereitschaft besteht von sich aus irgendwelche Konsequenzen zu ziehen und konkrete, weltliche Verantwortung, gemäß dem allgemein geltenden Recht zu übernehmen.
Wien, am 20.09.2019
RA Dr. Roman Schiessler