Blog 0064 - Die Medien und der klerikale Sexualverbrecher gemäß § 12 StGB - RA Dr. Roman Schiessler

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Blog 0064 - Die Medien und der klerikale Sexualverbrecher gemäß § 12 StGB

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Die Medien und der klerikale Sexualverbrecher gemäß § 12 StGB

Wie bereits im Rahmen dieses BLOGs ausgeführt (vgl. § 12 StGB - Beitragstäterschaft) sind nicht nur die Straftäter des Klerus strafrechtlich von Bedeutung, welche die Taten unmittelbar begangen haben, sondern auch jene, welche sich durch einen sonstigen Beitrag strafbar und somit schuldig gemacht haben. (§ 12 StGB) Dies scheint jetzt, spät aber doch, auch in der Medienwelt schön langsam durchzusickern; jedenfalls in Deutschland (www.faz.net).
 
Eines der größten Probleme im Rahmen der öffentlichen Diskussion ist es aber, der Allgemeinheit die rechtliche Dimension dieses Skandals klarzumachen und hierfür die rechtlichen Grundlagen zu vermitteln. In diesem Zusammenhang ist es daher immer wieder notwendig klarzustellen, daß nicht nur der unmittelbar Täter sich eines strafbaren Verhaltens schuldig gemacht hat, sondern auch derjenige, welcher für diesen unmittelbaren Straftäter die Straffreiheit organisiert und schlußendlich auch bewerkstelligt, da dieser, den unmittelbaren Täter, gemäß der Rechtsprechung des OGH, dadurch in seinem Tatvorsatz bestärkt und so zur Tatausführung und vor allem zu deren Vollendung beigetragen hat.
 
Der hier gegenständliche Artikel in der FAZ gibt einen beredten Einblick in diese mediale Problematik und in die strukturellen Defizite des Journalismus insgesamt, welcher sich durch ein grundsätzlich nicht vorhandenes Fachwissen, gleich in welchem Bereich auszeichnet und sich in der Regel auf die Verbreitung von Allgemeinwissen und Binsenweisheiten auf Stammtischniveau beschränkt. Dies macht es Einrichtungen wie der katholischen Kirche sehr leicht, ihre Botschaften in die Welt zu setzen und auch schlußendlich durchzubringen.
 
Wenn man dann in solchen journalistischen Elaboraten noch zu lesen bekommt, daß vielleicht „formaljuristisch“ – was dieses Wort bedeutet, hat noch niemand wirklich nachvollziehbar erklärt – alles in Ordnung sei, aber moralisch es nicht in Ordnung bzw. unerträglich sei, daß Kleriker ihren Teil dazu beigetragen haben, daß Kleriker sich auf die schwerste Art und Weise an Kindern und Jugendlichen versündigen (sic !?) konnten und diese dann vor der staatlichen Strafverfolgung von andern Klerikern geschützt wurden, so muß diesen journalistischen Experten entgegengehalten werden, daß ein solches Verhalten als sonstiger Beitrag (§ 12 StGB) zu einer Straftat schlichtweg - de lege lata - auch strafbar ist. Dazu braucht man keine moralischen Überlegungen anzustellen, sonder nur eine entsprechende Rechtskenntnis, welche auch entsprechend unter die Leute zu bringen wäre. Auch ist selbstredend davon auszugehen, daß hier die Rechtslage in Österreich und in Deutschland ident ist.
 
Allein die Ausdrucksweise ist geradezu lächerlich. Personen, Straftäter, welche Kinder und Minderjährige missbrauchen versündigen sich nicht, sondern sind kriminell, sind Verbrecher (§ 17 StGB) und sonst nichts und sind im öffentlichen Diskurs auch als solche darzustellen, so zu bezeichnen und in letzter Konsequenz auch so zu behandeln.
 
Je länger man sich mit diesem Skandal beschäftigt, kommt man aber zu der Erkenntnis, daß es nicht bzw. weniger die Schuld der Kleriker und der katholischen Kirche allein ist, daß die Geschädigten nicht zu ihrem Recht kommen, sondern vielmehr ein Versagen der Gesellschaft insgesamt vorliegt und vor allem der Personen, welche fortlaufend glauben, insbesondere im Rahmen der Mißbrauchsproblematik öffentlich das Wort ergreifen zu müssen. Man kann Straftätern und kriminellen Organisationen keinen Vorwurf dahingehend machen, daß sie alles versuchen ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen bzw. wenn sie ihre Straftaten nicht an die große Glocke hängen. Einen Vorwurf in diesem Zusammenhang kann man nur denen machen, welche durch ihre Unkenntnis und ihre Inkompetenz all diesem Verhalten des Klerus Vorschub leisten, in dem man diesen dabei unterstützt, alles nur Erdenkliche zu tun, um sich aus der für die katholischen Kirche mißlichen und auch kritischen Situation herauszuwinden.
 
Daß der Staat selbst - insbesondere die Justiz und der Gesetzgeber - ebenfalls massiv dieses kriminelle Treiben unterstützt hat, ändert daran nichts. Aber auch hier ist der Journalismus gefragt, dies zu durchschauen und aufzuzeigen. Daß dies ebenfalls nicht geschieht, läßt tief blicken und ist lediglich ein Beweis für die gegenseitige Abhängigkeit von Staat bzw. Politik einerseits und den Medien andererseits bzw. der Journalisten, aber sicherlich kein Beweis für eine effektive Kontrolle staatlichen Handelns durch die Medien, eine Funktion, welche man sich in den Medien aber immer wieder gerne anmaßt. Vor allem dann, wenn man in diesen Kreisen wiederholt für sich in Anspruch nimmt, gleichsam die 4. Gewalt im Staat zu sein. Daß es hierfür keine rechtliche Grundlage, insbesondere verfassungsrechtlicher Natur, gibt, sei hier nur am Rande erwähnt.
 
Dieses mediale Versagen ist aber auch die Voraussetzung dafür, daß ein derartiges Massenverbrechen überhaupt stattgefunden hat. Dies festzuhalten ist wesentlich, da bei weitem nicht alles durch die Kirche im Verborgenen gehalten werden konnte. (vgl. Die klerikale und staatliche Bagatellisierung)
 
Bei entsprechender medialer Präsenz, wäre eine Reihe von Straftaten zu verhindern gewesen, da vieles bereits bekannt war. Hier muß jedenfalls von einem eklatanten Versagen des Journalismus ausgegangen werden. Inwieweit finanzielle Abhängigkeiten und/oder eigene religiöse Vorstellungen hier eine Rolle spielen bzw. gespielt haben, mag jeder für sich selbst herausfinden und entscheiden.
 
Wien, am 11.03.2020
RA Dr. Roman Schiessler
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