Blog 0040 - Die Welt der Bischöfe - RA Dr. Roman Schiessler

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Blog 0040 - Die Welt der Bischöfe

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Die Welt der Bischöfe

„Die Opfer und die Betroffenen haben ein Recht auf Wahrheit und Gerechtigkeit.“ So formuliert ein Deutscher Kardinal, Kardinal Reinhard Marx, Bischof von München und Freising, seine Version von Verantwortung im Herbst 2018 bei der jährlichen Herbstvollversammlung.
 
Jetzt kann man das als Einzelmeinung abtun und als die Ansicht eines Menschen hinstellten, welcher vielleicht an einer Wahrnehmungsstörung leidet oder Tatsachen schönredet, jedoch ist dies bedauerlicher Weise nicht der Fall. Es ist dies die vorherrschende Vorgehensweise der Kirchenfunktionäre im Zusammenhang mit dem Mißbrauch und der Vergewaltigung von Minderjährigen in der katholischen Kirche.
 
Man ergeht sich in irgendwelchen schwammigen Formulierungen, mehr oder weniger religiös angehaucht und spielt eigentlich nur auf Zeitgewinn. Man versucht das Problem auszusitzen, um sich so vor der eigentlichen Verantwortung zu drücken.
 
Es erhebt sich aber die Frage, was die eigentliche Verantwortung denn wirklich ist. Die Antwort ist ebenso einfach wie vor allem weltlich und heißt Strafrecht und vor allem Zivilrecht.
 
Diese klerikalen Herrschaften haben völlig vergessen, daß es auch noch eine weltliche Seite ihres Daseins gibt und eine diesbezüglich verbundene Verantwortung.
 
Es sind zu allererst ganz normal Staatsbürger, welche rechtsunterworfen sind, wie jeder andere Staatsbürger auch.  Sie haben das geltende Recht einzuhalten und haben sich vor allem vor staatlichen Behörden und auch Gerichten zu verantworten, wie eben auch sonst ein Staatsbürger. (vgl. Die „allgemeine“ Wehrpflicht - Ein Privileg der Kleriker)
 
Vor diesen Einrichtungen des Staates geht es aber nicht um Wahrheit und Gerechtigkeit, sondern, um es konkret auf den Punkt zu bringen, um Haftstrafen und um Schadenersatz. Begriffe und Sanktionen, welche in der öffentlichen Diskussion in diesem Zusammenhang kaum oder überhaupt nicht vorkommen. Insoweit liegt hier auch ein allgemeines Defizit vor.
 
In einer anschließend stattgefunden Pressekonferenz, bei der dann offenbar mehrere Bischöfe anwesend sind, wird dann noch weiter nachgelegt. Befragt, ob irgendjemand so große Schuld auf sich geladen hätte, daß er sein Amt nicht mehr ausüben könne, antwortet besagter Kardinal Reinhard Marx mit einem glatten NEIN. Daß dies schon allein aufgrund seiner Position in der katholischen Kirche und dem verbrecherischen Ausmaß der Übergriffe auf Minderjährige in der katholischen Kirche nicht richtig sein kann, ist klar. (vgl. § 12 StGB - Beitragstäterschaft) Dabei ist davon auszugehen, daß die Rechtslage und die darauf aufbauende Judikatur des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe mit der Rechtslage und der Rechtsprechung in Österreich vergleichbar ist. Es wird sich da kaum ein Unterschied ausmachen lassen.
 
Ein weiterer Bischof, Stephan Ackermann, Bischof von Trier, ergeht sich in weiteren Ausflüchten. Auf die Frage eines Journalisten, wann die Kirche einmal Verantwortung übernimmt, hält dieser fest, daß eine Reihe von Klerikern nicht mehr im Dienst oder schon verstorben sind. Was diese Ausführungen mit dem geltende Recht zu tun haben ist ebenfalls völlig unerfindlich. Vor allem zivilrechtlich ist es völlig gleichgültig, ob ein Kleriker schon verstorben ist oder sich nicht mehr im Dienst befindet, dies vor allem deshalb, da die hier zu diskutierenden  Schadenersatzansprüche primär auf einem Vertragsverhältnis beruhen, somit der Schadenersatzpflichtige entweder eine Diözese, ein Orden oder ein Stift, bzw. ein Kloster ist, somit ein eigener Rechtsträger nach kirchlichem Recht. Diesen Ansprüchen liegen eigentlich immer Verträge mit diesen Einrichtungen zu Grunde in Bezug auf eine schulische Einrichtung oder sonstige Betreuungseinrichtung hinsichtlich Minderjähriger.
 
Bemerkenswert ist bei Stephan Ackermann auch, das fortlaufende Relativieren der eigenen Verantwortung. So verweist dieser darauf, daß die Mißbrauchsproblematik nicht nur eine Verantwortung der Kirche ist. (vgl. Alles nur eine Kampagne gegen die Kirche) Es ist gerade zu unerhört, daß ein Bischof so etwas von sich gibt. Das ist genauso, wenn ein Straftäter, welcher sich für seine Taten vor einem Gericht zu verantworten hat, zu seiner Verteidigung auf andere Straftäter verweist, welche seiner Ansicht nach nicht oder nicht im selben Ausmaß zur Verantwortung gezogen werden. Einen solchen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund gibt es in keiner Rechtsordnung.
 
Konkret muß dazu angemerkt werden, daß Straftäter, welche keine Kleriker sind, bei Sexualdelikten von der Justiz gnadenlos verfolgt werden. (vgl. Peter Seisenbacher und die Justiz) Die Vollzugsdefizite sind praktisch ausschließlich bei der katholischen Kirche oder überhaupt bei Klerikern festzustellen.
 
Am Beispiel dieses Bischofs sieht man auch, daß dieser offenbar sich in einer Parallelwelt befindet und die Realität vollkommen ausblendet.
 
Aber es ist auch bei diesem hier gegenständlichen filmischen Dokument noch etwas anderes zu bemerken. Es sind die rechtlichen Defizite der Journalisten selbst, welche vor allem im Bereich des Zivilrechts bar jeder Ahnung sind. Sie mögen zwar engagiert sein, aber Engagement bringt in diesem Fall herzlich wenig und wird dies niemanden in der Kirche beeindrucken. Es fehlt in der öffentlichen Diskussion jeder Bezug zum Schadenersatz, des diesbezüglich geltenden Rechts und zu der in diesem Zusammenhing bestehenden Verjährungsproblematik. Es fehlt der Bezug zum Recht insgesamt.
 
Man kann daher mit gutem Grund davon ausgehen, daß die Kirche sich durch solche Journalisten nicht beeindrucken läßt. Da helfen nur Gerichtsurteile, welche dann konsequent vollzogen werden.
  
Wien, am 23.09.2019
RA Dr. Roman Schiessler
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