Blog 0060 - Die MHG - Studie - RA Dr. Roman Schiessler

Rechtsanwaltskammer
Rechtsanwalt Dr. Roman SCHIESSLER
Direkt zum Seiteninhalt

Blog 0060 - Die MHG - Studie

Blogs >>> > klerikaler Mißbrauch
Die MHG - Studie

Die MHG-Studie der Universitäten Mannheim, Heidelberg und Gießen - deshalb diese Abkürzung - ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt zur Aufarbeitung der in der katholischen Kirche von einer Reihe von Geistlichen begangen Sexualverbrechen begangen an Minderjährigen (www.tagesspiegel.de).
 
Sie ist insofern von Bedeutung, als sie schlußendlich den ultimativen Beweis dafür erbringt, daß es nicht nur die Täterorganisation katholische Kirche ist, welche hier nichts gegen Verbrechen dieser Art tut, sondern daß der gesamte Skandal nichts anderes ist als ein bewußtes Zusammenwirken von Kirche und Staat zum Nachteil von Minderjährigen in der Gesellschaft und zur Förderung von Verbrechen dieser Art. Eine andere Schlußfolgerung läßt sich nicht mehr ziehen. (vgl. Die klerikale und staatliche Bagatellisierung, Der Mißbrauchsskandal der Kirche - auch ein Skandal des Staates und der Justiz?)
 
Wie bereits im Rahmen diese BLOGs mehrfach dargestellt liefert diese Studie nunmehr letztlich auch den Beweis für die gesamte Verkommenheit dieser Verbindung und dies auch deshalb, weil man sich trotz der bereits für jedermann bestehenden Offensichtlichkeit zu keiner Zeit zu rechtlichen und/oder finanziellen Konsequenzen bereit erklärt. Man ist eben der Ansicht, daß man das Recht hat, sich bei der Bevölkerung nach eigenem Gutdünken zu bedienen; dies nach der jeweiligen eigenen Bedürfnislage und zu keiner Rechenschaft verpflichtet ist.
 
Es liegt dieser Haltung offensichtlich ein parasitäres Denken zugrunde, gefolgt von einem entsprechenden Handeln, welches sich seit Jahrhunderten in der Kirche entwickelt hat und welches man mit allen Mitteln weiter aufrecht zu erhalten gedenkt.
 
In Deutschland, insbesondere in Bayern, ist es daher gemäß dieser Studie zu praktisch keinen Ermittlungsverfahren gekommen; von Verurteilungen ganz zu schweigen.
 
Allein diese Tatsche läßt darauf schließen, daß es sich hier um akkordiertes Vorgehen von Staat und Kirche handelt. Seitens der DKB - Deutsche Bischofskonferenz - gibt es hierzu keinen Kommentar. Warum sollten sie es auch kommentieren, wenn diese Herrschaften genau wissen, daß ihnen nichts passieren wird. Gekrönt wird dieses Verhalten noch von Seiten der DKB noch mit der Behauptung, daß von einer Verhinderung einer transparenten Aufklärung keine Rede sein kann. Eine Unverfrorenheit sondergleichen. Man glaubt offenbar niemandem etwas schuldig zu sein.
  
Aber vor allem das Agieren der Staatsanwaltschaften, wie in dieser Studie dargestellt, spricht Bände. Anstatt den Klerikern klar zu machen, daß diese rechtsunterworfen sind und staatliche Ermittlungsschritte als hoheitliche Akte zu verstehen sind, denen schlichtweg nach zukommen ist, begnügten sich offenbar eine Reihe von Staatsanwaltschaften mit Appellen, Unterlagen aus den Archiven der Bistümer zu Untersuchungszwecken herauszugeben um überhaupt untersuchen zu können. Es handelte sich dabei offenbar um Bittgesuche der besonderen Art, welche von den Strafverfolgungsbehörden an die Kleriker gerichtet wurden. Von einer Staatsgewalt kann hier nicht im Entferntesten die Rede sein. Darauf hinzuweisen, daß im Rahmen solcher staatsanwaltlichen Untersuchungen diese Anordnungen als prozessuale Zwangsmittel anzusehen sind und dies auch nach außen eindeutig klarzumachen ist, hat man offensichtlich nicht gedacht (vgl. Peter Seisenbacher und die Justiz).
 
Dies alles ist ein geradezu unglaublicher Vorgang und in einem Rechtsstaat noch nie dagewesen. Hausdurchsuchungen hat man offenbar ebenfalls nicht in Erwägung gezogen. Soweit Unterlagen herausgegeben wurden, waren sie überdies oft gefiltert.
 
Der Gipfel des Zynismus ist es dann noch, wenn man ein solches Vorgehen dann noch als Datenschutz bezeichnet; dies seitens der DKB. In den Augen dieser Leute ist der Datenschutz offenbar als Täterschutz zu verstehen (vgl. Opferschutz vs Täterschutz).
  
Völlig absurd wird es dann, wenn man innerhalb der Kirche dann noch kirchenrechtliche Verfahren durchführt, dies mit dem Ergebnis, daß zwei Kleriker aus dem Klerikerstand entlassen wurden. Allein, daß man sich dies noch zu erwähnen bzw. zu veröffentlichen getraut zeigt und beweist die gesamte Abgehobenheit dieses Vereins.
 
Dazu ist noch festzuhalten, daß sich diese Studie zwar nur auf Deutschland bezieht, aber man kann mit Fug und Recht davon ausgehen, daß diese Ergebnisse, insbesondere in Bezug auf das Vorgehen der staatlichen Behörden gegenüber der katholischen Kirche, sich europa- und auch weltweit verallgemeinern lassen; dies gilt insbesondere auch für Österreich.
  
Deshalb ist eine Studie dieser Art für Österreich nicht erforderlich, wie sie medial und auch von der Kirche selbst gefordert wird (religion.orf.at).
 
Was damit beabsichtig wird ist ohnehin klar. Die Aufarbeitungs- und Bewältigungsindustrie (vgl. Die kinderfreundliche Selbstbeweihräucherungsindustrie, Eine Österreichische Familiengeschichte von Wiedergutmachung) braucht wieder Aufträge um ihre Deutungshoheit in der Diskussion zu erlangen bzw. diese zu festigen, insbesondere zu dem Zweck, von der Notwendigkeit verjährungsrechtliche Reformen insbesondere im Zivilrecht zu verhindern (vgl. Missbrauch und Verjährung, Die Verjährung als Einwand des Beklagten). In  dieser Angelegenheit haben wir kein Erkenntnisproblem, sondern  lediglich ein Umsetzungsproblem. Die Problemstellungen sind hinlänglich  bekannt.
 
Das Ganze läuft immer nach dem gleichen Schema ab. Wesentlich dabei ist, daß die Missbrauchsgeschädigten kein Wort mitzureden haben. Es hat sich hier eine Abgehobenheit etabliert, welche ihresgleichen sucht.
 
Aber eine Tatsache bringt das Faß jedenfalls zum Überlaufen, nämlich daß die katholische Kirche, also die Täterorganisation, mit politischer Unterstützung praktisch von allen Seiten, hier bei diesen aufarbeitungs- und bewältigungsindustriellen Aktivitäten an vorderster Front beteiligt ist und inhaltlich mitwirkt. Dabei wird ein geradezu absurder innerkirchlicher Reformwille (vgl. Kirchliche Fragen und geltendes Recht) zur Schau gestellt, um von der eigentlichen Problematik und den tatsächlichen Notwendigkeiten abzulenken.
 
Die Missbrauchsgeschädigten sind aber an innerkirchlichen Reformen nicht im Geringsten interessiert, aber deren Interessen sind offenbar ohnehin bedeutungslos.
  
Wien, am 31.01.2020
RA Dr. Roman Schiessler
© Dr. Roman Schiessler (für den Inhalt verantwortlich)
Seitengestaltung F-SOFT
Besucherzaehler
Zurück zum Seiteninhalt